Gedenkfeier in Lackenbach

Lackenbacher Gedenken | Über Trauer und Zusammenhalt

Es war Heinrich Dorner, Landesrat des Burgenlandes, der bei der diesjährigen Gedenkfeier im burgenländischen Lackenbach den Landeshauptmann Hanspeter Doskozil vertrat. Es helfe die Geschichte zu kennen und Schlüsse daraus zu ziehen, betont Heinrich Dorner in seiner Rede vor dem Lackenbacher Denkmal.

On demand | Roma sam | 18.11.2019

Als Schüler regelmäßig als Gedenkender

Der Lackenbacher Dorner stand schon als Schüler regelmäßig als Gedenkender vor dem Mahnmal in seiner Ortschaft und versäumte seit dem kaum eine Gedenkveranstaltung „Dieser Tag ist wichtig, denn wir dürfen sie nicht vergessen, die grauenhaften Taten die in der Zeit des Nationalsozialismus zugelassen worden sind. Es hilft die Geschichte zu kennen und Schlüsse daraus zu ziehen“, betont Heinrich Dorner in seiner Rede vor dem Lackenbacher Denkmal, gebaut aus den tonnenschweren Passatsteinblöcken des Steinbruchs Pauliberg, bei dem Roma und Sinti während des Zweiten Weltkriegs Zwangsarbeit bis zur Erschöpfung leisten mussten.

Dorner
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Heinrich Dorner, Landesrat des Burgenlandes

Der Weg geprägt von Verachtung, Ausgrenzung

Seit 1990 laden die burgenländische Landesregierung und der Kulturverein Österreichischer Roma jährlich zum Gedenken an einem Ort, an dem das nationalsozialistische Grauen für den Großteil der Volksgruppe mit unmenschlichsten Qualen und Tod endete. „In Österreich lebten vor 1938 zirka 11.000 Roma und Sinti, davon alleine 8.000 im Burgenland.

Nur geschätzte zehn Prozent der österreichischen Roma und Sinti dürften den Holocaust überlebt haben“, erzählt Christian Klippl, Obmann des Kulturvereins Österreichischer Roma, bei der Gedenkfeier an dem Ort des ehemaligen nationalsozialistischen Anhaltelagers für Roma und Sinti, in dem sein Onkel, Rudolf Sarközi am 11. November 1944 in der Düsterheit, in mitten von Angst, Hunger und Unterdrückung das nur leicht durch die Ritzen der Baracken strahlende Licht der Welt erblickte.

Lackenbach
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Christian Klippl, Obmann des Kulturvereins Österreichischer Roma

Später war es gerade er, Rudolf Sarközi, dem das Organisieren des jährlichen, nationalen Gedenkens an seinem traurigen Geburtsort ein großes Anliegen war.

„Der Weg unserer Volksgruppe ist geprägt von Verachtung, Ausgrenzung. Wir werden weiterhin hart daran arbeiten, dass das bisher erreichte nicht leichtsinnig aufs Spiel gesetzt wird. Das wäre unentschuldbar. Wir werden uns den künftigen Herausforderungen stellen und die Verantwortung übernehmen“, so Christian Klippl. Nur so könne die Volksgruppe an ihr Ziel gelangen, ihre Kultur, ihre Sprache in einer sicheren Wiege der Mehrheitsgesellschaft zu wissen und Angst, Diskriminierung und Unrecht nicht mehr wiederkehrend zu den abgeschlossenen Kapiteln der Geschichte gehören.

Schülerinnen
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Schülerinnen und Schüler des Realgymnasiums Oberpullendorf

Schülerinnen und Schüler des Realgymnasiums Oberpullendorf wirken seit Jahren aktiv an der Gestaltung der Gedenkveranstaltung mit. Sie verfolgen gemeinsam mit ihren Lehrkörpern die Entwicklung der Volksgruppe im Burgenland. Heuer gingen sie im Besonderen auf die Geschichte der Verfolgung der Roma ein.

„Ich war ein junger Bursch, als ich ins Lager Lackenbach gebracht wurde. Ich habe dort meine Gesundheit und Jugend verloren. Viermal täglich mussten wir barfuß sechs Kilometer in den Wald gehen und Holz holen. Ich war 12 Jahre alt. Wir mussten bei der Bachregulierung arbeiten. Man gab mir einen Krampen, der größer als ich war. Schon am ersten Tag kam ich mit einem blutigen Gesicht zurück. Ich wurde geschlagen“, lautet ein gelesener Text der Jugendlichen des Gymnasiums.

Lackanbach
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Lernbetreuung des Vereins Roma Service

„Wir nehmen die Zukunft selbst in die Hand“

Auch die Kinder der Lernbetreuung des Vereins Roma Service unterstützten wie jedes Jahr mit ihrem Beitrag einen Gedenktag, der Verfolgung, Hass und Unrecht mit Wertschätzung, Friede und Gemeinsamkeit zu ersetzten vermag. Ganz unter dem gestandenen Motto: „Wir nehmen die Zukunft selbst in die Hand“.

Es werde oft gesagt, so der Landesrat Heinrich Dorner, wir wären ja schon die zweite, dritte Generation, wir könnten ja nichts dafür, hätten nichts damit zu tun. Doch auch uns könne es passieren, dass wir intolerant agieren, Schuldige suchen, dort Hass entwickeln, wo er nicht hingehört.

Es seien eben jene Menschen, die dahinter stünden, die 1989 den Verein Roma Oberwart gegründet haben. Einer davon war Rudolf Sarközi. Er habe sich mit all seinen Kräften dafür eingesetzt, dass es für die Volksgruppe der Roma zur Gerechtigkeit komme.

An diesem Gedenktag in Lackenbach wurde eine Persönlichkeit in den Mittelpunkt gerückt, die sich auch seit 1989, Seite an Seite mit dem ehemaligen Volksgruppenbeiratsvorsitzenden Sarközi, ununterbrochen für die Belange seiner Volksgruppe einsetzt. Emmerich Gärtner-Horvath. Der jetzige Volksgruppenbeiratsvorsitzende wurde von der Burgenländischen Landesregierung mit dem Großen Burgenländischen Ehrenkreuz ausgezeichnet.

Burgenlandroman im Laufe der Gedenkveranstaltung

Nationalratsabgeordneter und Volksgruppenmitglied der Burgenlandkroaten Nikolaus Berlakovich betont in seiner Rede die Bedeutung des Zusammenhalts der Volksgruppen untereinander und auch die Anerkennung der kulturellen Werte jener durch die Mehrheitsgesellschaft: „Wir müssen gemeinsam an einem Europa des Rechts und der Rechte für Volksgruppen arbeiten, dass Menschen gemeinsam friedlich miteinander leben können. Europa ist deshalb ein besonders schönes Projekt, weil es ein Europa der Vielfalt sein soll und es sich den verschiedenen Kulturen und Sprachen widmen soll“. Berlakovich hebt auch den Wert der Verwendung des Burgenlandroman im Laufe der Gedenkveranstaltung positiv hervor. Dies sei ein wichtiges und großes Statement, weil die Sprache und Kultur der Volksgruppen immer mehr in Vergessenheit gerät und auch die Europäische Union sich dieses Problems annehmen soll.

Predsednik parlamenta na Dunaju Wolfgang Sobotka pri pultu.
direkcija parlamenta/ Thomas Topf
Wolfgang Sobotka

Extremismus darf in unserer Gesellschaft keinen Platz haben

Die Verfolgung der Roma und Sinti im Dritten Reich war Teil eines unvorstellbaren Genozids, des „Porajmos“, an den europäischen Roma. „Gedenken ist kein statisches Verhalten, das sich darin erschöpft, sich zu bestimmten immer wiederkehrenden Anlässen formelhaft zu äußern“, sagt Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka in seiner Aussendung. „Es muss sich an den Erfordernissen der Gegenwart orientieren – mit dem Ziel, die Zukunft zu gestalten.“

„Die Kultur der Roma und Sinti ist ein Bestandteil der österreichischen Identität, die nicht zuletzt durch Vielfalt und durch ein klares Bekenntnis zu den Volksgruppen geprägt ist“, betonte Wolfgang Sobotka. Er unterstreicht weiters, dass der Kampf gegen jede Form von Extremismus essenziell sei in einer von demokratischen Grundwerten geprägten Gesellschaft. „Die Anerkennung der Roma als Volksgruppe im Dezember 1993 war ein wesentlicher Schritt“, sagt Sobotka. „Es gilt aber weiterhin, gegen jede Form von Vorurteilen und Diskriminierung – in allen Staaten Europas – entschieden aufzutreten und wirksame Gegenstrategien zu entwickeln.“