On demand | Roma sam | 11.11.2019
In Österreich und wohl auch in ganz Europa gilt Mozes F. Heinschink als einer der renommiertesten Linguisten für Romanes. Seit mehr als einem halben Jahrhundert erforscht der Wissenschaftler die Sprache und Kultur der Roma.
Für viele Volksgruppenangehörige mehr als nur ein Forscher
Fevzije Bahar gehört zu den Wiener Roma-Aktivisten der ersten Stunde. Für die kosovarische Romni war Mozes Heinschink immer schon mehr als nur ein Kollege. Seit ihrer Kindheit unterstützte Heinschink ihre Familie in allen Anliegen und Schwierigkeiten. Doch nicht nur Bahars Familie konnte auf seine Hilfe zählen. In Heinschinks Privatwohnung etablierte sich lange vor der Gründung eines der ersten Roma Vereine das „Centro Romano“, in dem Roma aus allen Lebensbereichen Wiens Einlass fanden und Hilfe in allen Lebenslagen, erinnert sich die Aktivistin.
Ende der 1980er Jahre lernte die Ethnomusikologin und Wittgenstein-Preisträgerin Ursula Hemetek den Romanes-Forscher Mozes Heinschink kennen. In seiner Gemeindewohnung offenbarte er der Wissenschaftlerin damals seine bemerkenswerte Sammlung von Tonbandaufnahmen über Roma-Musik und -Kultur. Daraufhin stellte sie den Kontakt zum Phongrammarchiv der Österreichischen Akademie der Wissenschaften her, erinnert sich Hemetek.
Im Phonogrammarchiv wurde die Sammlung Heinschink von der Ethnomusikologin Christiane Fennesz-Juhasz feinsäuberlich archiviert. Während ihrer gemeinsamen Arbeit entwickelte sich eine starke Freundschaft, erinnert sich die Forscherin. In jener Zeit machte sich in der Österreichischen Roma-Community eine Aufbruchsstimmung breit. Die ersten Roma-Vereine wurden gegründet und auch Heinschink und Fennesz-Juhasz engagierten sich stark für die Volksgruppe. Die 5-jährige Arbeit an den Tonbandaufnahmen von Mozes Heinschink erbrachte eine Sammlung von über 800 Stunden Material über Märchen, Geschichten und Musik der Roma aus ganz Europa. Sie zählt heute als größte Sammlung von Roma-Primärdokumenten weltweit und soll laut Fennesz-Juhasz auch den kommenden Generationen als Kulturerbe dienen.
Als Experte für die Sprache der Roma unterrichtete Mozes Heinschink auch an Universitäten Romanes. So auch in Innsbruck, erinnert sich Universitätsprofessorin und Wegbegleiterin Beate Eder-Jordan an zahlreiche Lehrveranstaltungen der letzten 20 Jahre. Heinschink ist es seit jeher ein Anliegen, auch Angehörigen der Volksgruppe eine Plattform zu bieten. So unterrichtete er stets gemeinsam mit Muttersprachlern wie seinem guten Freund Dragan Jevremović oder seiner Ehefrau Fatma Heinschink, so die Professorin. Auch in der Publikation „Andaj Romangi ljuma. Patjiv le Mozesoske Heinschink“ veröffentlichte sie dazu einen Beitrag. Zahlreiche weitere Wegbegleiter ehrten Heinschink zum 80. Geburtstag mit einem Text.
Für viele Roma aus dem Burgenland und aus Wien ist Mozes Heinschink bis heute ein Freund der Roma-Kultur und ein Freund der Familie. Gilda Horvath erinnert sich, dass Mozes bereits seit ihrer Kindheit ein Teil der Volksgruppe gewesen sei. Heinschink hätte sie als kleines Mädchen gefragt, ob sie sich schon mal überlegt hätte, im Radio zu arbeiten, noch dazu auf Romanes. Er hätte den Stein ist Rollen gebracht und auch die Karrierepläne der Wiener Romni beeinflusst. Bis heute zählt Heinschink auch in jungen Kreisen der Volksgruppe als ein Mentor: Sowohl für Verfechter alter Traditionen, als auch für eine junge politische Stimme auf Romanes.