Flüchtlingscamp Lipa in Bosnien
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Camp Lipa

Bosnischer Minister gegen Inbetriebnahme von Hafttrakt

Der bosnische Minister für Menschenrechte und Flüchtlinge, Sevlid Hurtić, hat sich bei einem Besuch in Wien erneut klar gegen die Inbetriebnahme des Internierungstrakts im Flüchtlingslager Lipa bei Bihać ausgesprochen.

"Wir sind klar für die Einhaltung der Europäischen Menschenrechtskonvention, aber dieser Gefängnistrakt, der da entsteht, hat überhaupt keine Rechtsgrundlage“, sagte Hurtić heute bei einem von den Grünen im Parlament veranstalteten Pressegespräch. Es sei ihm ein Anliegen ähnliche Flüchtlingscamps in Österreich zu besichtigen, denn Österreich sei ein demokratisches Land, das die Menschenrechte einhalte, „das würden wir uns gerne zum Vorbild nehmen“, so der bosnische Minister, der das Thema auch bei einem Treffen mit Justizministerin Alma Zadic (Grüne) am Abend ansprechen wollte.

Braucht Rechtsgrundlage und genaue Definition

Der Schüssel für den Gefängnistrakt des Camps befinde sich mittlerweile in Bosnien, und er hoffe, dass die Anlage nicht in Betrieb gehen werde, sagte Hurtić. Falls doch brauche es eine Rechtsgrundlage und eine genaue Definition, welche Personen unter welchen Umständen hier angehalten und dann abgeschoben werden dürften. Da der Wiederaufbau des Flüchtlingscamps auch mit österreichischen Steuergelder mitfinanziert worden sei, würde er anregen, dass Regierung, Parlament und die zuständigen Finanzbehörden untersuchen, was genau mit den Finanzmittel passiert sei, sagte der Minister.

Zustände im Camp „untragbar“

Die außenpolitische Sprecherin der Grünen Ewa Ernst-Dziedzic kritisierte einmal mehr, dass die Zustände im Camp Lipa „untragbar“ seien. Sie verwies auf die klare Verantwortung der EU, die eingemahnt werden müsse. Der Druck der auf den EU-Anwärter Bosnien-Herzegowina von der EU ausgeübt werde, sei „völlig inakzeptabel“.

Kritik an EU wegen Beauftragung von ICMPD

Ernst-Dziedzic kritisierte zudem, dass die EU das in Wien ansässige Internationalen Zentrums für Migrationspolitik (ICMPD) mit dem Bau des Inhaftierungstrakts beauftragt habe. Anders als bei internationalen UNO-Organisationen wie der IOM oder UNHCR mangle es im Fall des ICMPD an Transparenz und klaren Kriterien, an die sich die Organisation halten müsse. Der vom früheren Vizekanzler Michael Spindelegger (ÖVP) geleiteten Organisation warf sie außerdem vor, mit ihrer Klage gegen die NGO SOS Balkanroute, zu „versuchen die Zivilgesellschaft, die Menschenrechtsverletzungen aufzeigt, mundtot zu machen“. In einem Brief an die Teilnehmerstaaten des ICMPD habe sie diese um eine Stellungnahme dazu gebeten, berichtete sie.

Forderung nach Transparenz in EU-Asylpolitik

Lukas Gahleitner-Gertz von der Asylkoordination forderte ebenfalls mehr Transparenz in der europäischen Asylpolitik und einheitliche Regeln. Wenn man über Asylverfahren an den EU-Außengrenzen reden wolle, müsse zuerst über einheitliche Standards gesprochen werden. Bosnien-Herzegowina sei nicht Teil der EU, und daher würden hier nicht die EU-rechtsstaatlichen Standards gelten. Der Verdacht liege nahe, dass es bei der Auslagerung von Asylverfahren darum gehe, „dass es aus unserem Sichtfeld ist“, so Gahleitner-Gertz.

Internierungseinrichtung im Camp

Die Internierungseinrichtung im Flüchtlingslager Lipa wurde im Auftrag der EU-Kommission vom ICMPD errichtet. Laut ICMPD-Generaldirektor Spindelegger sollen bis zu 12 Personen, die andere Bewohner des Lagers gefährden, darin für höchstens 72 Stunden untergebracht werden. SOS Balkanroute wirft ICMPD vor, ein illegales Gefängnis gebaut zu haben, und geht davon aus, dass der Bau als Abschiebehaftanstalt genutzt werden wird. Die Anlage ist laut ICMPD seit Jänner fertig, und man warte nun auf die Übergabe an die bosnischen Behörden.