Martin Horvath und Emmerich Gärtner-Horvath
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Romastrategien

Was von den neuen Romastrategien erwartet wird

Im letzten Jahr legte die Europäische Kommission den neuen strategischen Rahmen der EU zur Gleichstellung, Inklusion und Teilhabe der Roma bis 2030 vor. Wir haben mit Emmerich Gärtner-Horvath, Vorsitzender des Volksgruppenbeirates für Roma und Martin Horvath, Gründer von Hango Roma und Berater bei DROM, über die Forderungen der Volksgruppe an die neuen Strategien gesprochen.

Im Jahr 2011 wurde von der Europäischen Kommission erstmals ein EU-Rahmen für nationale Strategien zur Inklusion der Roma bis zum Jahr 2020 verabschiedet. Seit 10 Jahren gibt es sie nun, die sogenannten Strategie zur Inklusion von Roma und Romnija. Doch was hat sich durch diese in Österreich verändert? Emmerich Gärtner-Horvath ist der Überzeugung, dass sich vor allem in den Bereichen Bildung und Arbeitsmarkt einiges verändert hat und viele Projekte umgesetzt, die immer noch laufen. Was seiner Meinung nach vernachlässigt wurde, ist das Thema Anti-Romaismus. Hier muss noch einiges geschehen und geändert werden, so Gärtner-Horvath.

Emmerich Gärtner-Horvath
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Emmerich Gärtner-Horvath | Vorsitzender Volksgruppenbeirat der Roma

Zwei weitere Schwerpunkte der Strategien waren, neben Bildung und Arbeitsmarkt, Gesundheit und Wohnen. Martin Horvath sieht auch in diesen Bereichen eine positive Entwicklung und hebt vor allem die Studien zur Bildungssituation der Rom_nija (ROMBAS) und die Studie „Roma und Gesundheit“ von 2014 hervor. Auch die ESF Arbeitsmarktprogramme laufen seiner Meinung nach sehr gut und sichern somit die Nachhaltigkeit der verschiedenen Projekte.

Radio „Roma sam“ | 14. Juni 2021 | 20:50 Uhr

Präsentiert von Susanne Horvath | Live Radio Burgenland

„Am Land ist es für Rom_nija immer noch schwierig, einen Job zu bekommen“

Ein Punkt, der immer wieder an der sogenannten Romastrategie kritisiert wird, ist die Betitelung „Strategie zur Inklusion“. Zwar wurde der Titel bei der neuen Strategie um „Gleichstellung und Teilhabe“ erweitert, jedoch blieb das Wort „Inklusion“. Viele stellen sich die Frage, warum es in Anbetracht der Ausgrenzung und Diskriminierung gegenüber der Volksgruppe, gerade sie es sein sollen, die sich inkludieren oder integrieren sollen. Martin Horvath sieht dies ähnlich kritisch und weist auf eine immer noch vorhandene Separierung der Rom_nija vor allem am Arbeitsmarkt hin. Gerade im Burgenland sei es für viele Rom_nija immer noch schwierig einen Job zu bekommen. Auch dies müsse sich endlich ändern, erklärt Horvath.

Martin Horvath
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Martin Horvath | Berater bei DROM, VHS Wien

Die Strategien zur Inklusion von Roma und Romnija bis 2020 wurden nicht in allen EU-Ländern sorgsam, gewissenhaft und zielführend umgesetzt, aus diesen Fehlern will man nun lernen und den EU-Rahmen dementsprechend anpassen. Österreich gilt hier als Vorbild für andere Länder, so der VHS-Berater Martin Horvath.

„Die größte Herausforderung ist die Bekämpfung des Antiziganismus“

Emmerich Gärtner-Horvath sieht im internationalen Kampf gegen Ausgrenzung und Anti-Romaismus nicht nur die Politik in der Verantwortung, sondern auch die Gesellschaft. Alle müssen hier an einem Strang ziehen, um eine Lösung zu finden und den alteingesessen Rassismus endlich überwinden. Dies wird europaweit eine der großen Herausforderungen der neuen Strategien sein, glaubt Emmerich Gärtner-Horvath.

Der neue strategische Rahmen der EU zur Gleichstellung, Inklusion und Teilhabe der Roma bis 2030 beinhaltet Schwerpunkte in den Bereichen Bildung und Arbeitsmarkt, die Bekämpfung von Anti-Romaismus, die Stärkung von Romnija und Jugendlichen sowie die Stärkung der organisierten Zivilgesellschaft und die Förderung einer verbesserten Teilhabe der Volksgruppe. Martin Horvath wünscht sich zusätzlich noch, dass die Strategien vor allem im Burgenland stärker zum Tragen kommen und, dass eine Nachhaltigkeit der Projekte gegen Rassismus gewährleistet wird.

Martin Horvath und Emmerich Gärtner-Horvath
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Martin Horvath und Emmerich Gärtner-Horvath

„Es liegt viel Arbeit vor uns!“

Einer der wesentlichsten Punkte und Aufgabe der neuen Strategien wird es sein, den Anti-Romaismus zu bekämpfen, so Emmerich Gärtner-Horvath. Seine Forderung: Anti-Romaismus muss mit Antisemitismus auf eine Stufe gestellt werden. Wenn in den Medien von letzterem gesprochen wird, reagiert die Politik sofort darauf. Wenn es Fälle von Anti-Romaismus gibt, wie etwa im letzten Jahr in Tulln, dann meldet sich keiner zu Wort. Man müsse nun Lobbyarbeit betreiben, um die Gesellschaft aber auch die Politik für dieses Thema zu sensibilisieren, auch wenn dies kein einfacher Weg sein wird. „Es liegt viel Arbeit vor uns!“, ist sich der Vorsitzende des Volksgruppenbeirates sicher.

Zurzeit arbeitet man auch an einer Studie, die von der Universität Wien durchgeführt wird, um die Umsetzung der nationalen Romastrategien bis 2020 zu evaluieren. Dadurch soll eine zielführendere Umsetzung der neuen Strategien gewährleistet werden. Im Moment befindet man sich noch in der Planungsphase, erklärt Martin Horvath, der Teil des Projektteams ist.

Die Ergebnisse der Studie „SENSIRO“ werden Mitte nächsten Jahres erwartet.