Michel Forst, UNO-Sonderberichterstatter für Umweltschützerinnen und Umweltschützer während eines Interviews mit der AFP in Genf (13.3.2024)
FABRICE COFFRINI / AFP / picturedesk.com
FABRICE COFFRINI / AFP / picturedesk.com
UNO-Sonderberichterstatter

Recht auf Protest „in Gefahr“

Wegen einer zunehmenden Feindseligkeit gegenüber Umweltaktivistinnen und -aktivisten in Europa sieht ein UNO-Experte das Grundrecht auf Protest „in Gefahr“.

Er sei zutiefst beunruhigt über den härter werdenden Ton gegenüber Protestierenden in Ländern wie Deutschland, Österreich, Frankreich und Großbritannien, die normalerweise als Leuchttürme der Demokratie gelten würden, sagte Michel Forst, UNO-Sonderberichterstatter für Umweltschützerinnen und -schützer.

Regierungsmitglieder nutzten Bezeichnungen wie „Ökoterroristen“ oder „grüne Taliban“, um friedliche Aktivistinnen und Aktivisten zu beschreiben, kritisierte Forst. Einige Medienberichte trügen zu einer Verschärfung der Feindseligkeit in der Öffentlichkeit bei. Dies lasse ihn „frösteln“, sagte Forst. Der unabhängige Experte war von den Vertragsparteien der Aarhus-Konvention zum Sonderberichterstatter ernannt worden, um für den Schutz von Umweltschützerinnen und -schützern einzutreten.

„Toxischer Diskurs“ und „zunehmend hartes Vorgehen“

„Derzeit ist das Recht auf Protest in Europa in Gefahr“, sagte der Franzose Forst. Er habe kürzlich mehrere europäische Länder besucht, nachdem Demonstrierende sich über eine Behandlung beschwert hätten, die mutmaßlich die Konvention sowie internationale Menschenrechte verletzte.

Nach einem Besuch in Großbritannien schlug Forst öffentlich Alarm wegen des „toxischen Diskurses“ und eines „zunehmend harten Vorgehens“ gegen Umweltschützerinnen und -schützer.

Harte Strafen durch „regressive Gesetze“

In Großbritannien würden „regressive Gesetze" eingesetzt, um Klimaaktivistinnen und -aktivisten mit harten Strafen zu treffen, rügte er. So sei ein Aktivist für einen 30-minütigen langsamen Protestmarsch, mit dem der Straßenverkehr gestört wurde, zu sechs Monaten Gefängnis verurteilt worden. Ein anderer Aktivist sei in Großbritannien zu 27 Monaten Haft verurteilt worden. Auch in anderen Ländern, darunter Deutschland, gebe es harte Urteile gegen Klimaaktivisten, prangerte Forst an.

Im vergangenen Monat sei er nach Frankreich gereist. Dort hätten Aktivistinnen und Aktivisten, die in der Nähe der südwestfranzösischen Stadt Toulouse Baumfällarbeiten für den Bau einer Autobahn verhindern wollten, den Sicherheitskräften vorgeworfen, ihnen Essen, Trinkwasser und durch den Einsatz von Flutlicht auch Schlaf vorenthalten zu haben. "Essen, Trinkwasser und Schlaf vorzuenthalten widerspricht eindeutig dem Völkerrecht“, sagte Forst.

Berichte über Geschehnisse und nicht über Klimakrise

Europäische Medienberichte konzentrierten sich häufig auf das Geschehen rund um die Demonstrationen und nicht auf die Klimakrise, welche Auslöser für diese Proteste sei, kritisierte er. Die Welt befinde sich in einer „gefährlichen Zeit“, aber die allgemeine Öffentlichkeit verstehe oft nicht, warum junge Menschen „den Zugang zu Flughäfen blockieren oder ihre Hände am Boden festkleben“.