Eine Warteschlange vor der russischen Botschaft, anl. der russischen Präsidentschaftswahlen, aufgenommen in Wien am 17.3.2024. – FOTO: APA/TOBIAS STEINMAURER – 20240317_PD3221 – Rechteinfo: Rights Managed (RM)
TOBIAS STEINMAURER / APA / picturedesk.com
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Russland-Wahl

Putin verlor Wahlen in Salzburg und Wien

Sowohl in der russischen Botschaft in Wien als auch im Generalkonsulat in Salzburg haben Russen gestern mehrheitlich für Wladislaw Dawankow votiert. Während der bedingt liberale Kandidat in Wien 43,50 Prozent der gültigen Stimmen erhielt, waren ist in Salzburg sogar 52,68 Prozent.

Amtsinhaber Wladimir Putin kam laut den Ergebnissen der Zentralen Wahlkommission auf 33,98 bzw. 21,09 Prozent. Bei den Wahlen 2018 hatte Putin in beiden Städten die absolute Mehrheit erzielt.

Dawankows Chancen waren laut Experten gewachsen, nachdem die Zentrale Wahlkommission in Russland die Bewerbung des Oppositionellen Boris Nadeschdin abgelehnt hatte. Er hatte erst ein Monat vor der Wahl sein Wahlprogramm vorgestellt.

Manifest von Dawankow

„Wie jeder von uns träume ich von einem großen und friedlichen Russland. Für mich ist ein Land dann groß, wenn es nicht nur wegen seiner militärischen Stärke gefürchtet ist, sondern auch wegen seiner bahnbrechenden Leistungen in Wissenschaft und Technik, im Sport und in der Kultur respektiert wird“, hieß es in dem Manifest, das auf seiner Homepage veröffentlicht wurde.

„Die Suche nach äußeren und inneren Feinden, die Spaltung in Freund und Feind, die Einführung an den Haaren herbeigezogenen Verboten und Einschränkungen sollte die Politik hinter sich lassen“, betonte Dawankow weiter. Er biete Russland eine Alternative an: „Frieden und Verhandlungen. Aber zu unseren Bedingungen, kein Rollback.“

Russlands zentrale Wahlkommission hat Präsident Wladimir Putin mit 87,3 Prozent der Stimmen den Sieg bei der von Manipulationsvorwürfen überschatteten Wahl zuerkannt.

Unterschiedliche Positionen der Exil-Opposition

Vertreter der russischen Exil-Opposition hatten sich unterschiedlich zu Dawankow positioniert. Der Blogger und ehemalige Oppositionspolitiker Maxim Katz äußerte die Meinung, dass Dawankow der am besten geeignete Kandidat für die Wahl nach dem Prinzip „für jeden außer Putin“ sei, wie das Portal „Russian Election Monitor“ berichtete.

Leonid Wolkow, der Vertraute des getöteten Kreml-Kritikers Alexej Nawalny, dagegen wies darauf hin, dass Dawankow die völkerrechtswidrige Annexion der Krim durch Russland bejubelt und sich für die Einverleibung der ukrainischen Regionen Donezk und Luhansk ausgesprochen hatte. Im Dezember 2022 wurden Dawankow und andere Mitglieder der Partei Neue Leute auf die Sanktionsliste der EU gesetzt.

1.437 Wahlkarten in Salzburg ausgegeben

Laut offiziellen Angaben der Zentralen Wahlkommission waren gestern 1.437 Wahlkarten im Generalkonsulat in Salzburg ausgegeben worden: 52,68 Prozent der Wählerinnen und Wähler stimmten für den bedingt liberalen Präsidentschaftskandidaten Dawankow, 22,82 Prozent wählten ungültig, 21,09 Prozent für Putin. Bei den letzten Präsidentschaftswahlen 2018 hatten im Generalkonsulat an der Salzach lediglich 237 Personen gewählt. Die drastische Zunahme dürfte insbesondere auch mit Russen aus Deutschland zu tun haben, die nach der Schließung des russischen Generalkonsulats in München ins benachbarte Österreich auswichen.

Das offizielle Salzburger Ergebnis für Dawankow deckte sich dabei fast exakt mit den Resultaten eines Exit Polls von „unabhängigen Aktivisten“, die gestern vor den russischen Wahllokalen auch in Wien und Salzburg Befragungen durchgeführt hatten. Für den Kandidaten Putin hatte die Initiative „Vote Abroad“ in Salzburg freilich niedrigere Zahlen genannt, die Rede war von acht Prozent.

Protestaktion „Zu Mittag gegen Putin“

Auch in Wien entsprach das offizielle Ergebnis Dawankows ziemlich genau dem Exit Poll, der von 44 Prozent berichtet hatte. Die Abweichungen zum Ergebnis Putins waren indes größer – sieben Prozent im Exit Poll und knapp 34 Prozent in den offiziellen Ergebnissen. Insgesamt votierten laut Zentraler Wahlkommission 774 Personen für Putin in Wien.

Die Wahlbeteiligung in der Botschaft in Wien war indes konstant geblieben: 2018 hatten 2.250 Personen abgestimmt, gestern waren es 2.278. Dabei hatte in Wien ein großer Ansturm vor allem nach 12.00 Uhr – Anhänger von Alexej Nawalny hatten zur Protestaktion „Zu Mittag gegen Putin“ aufgerufen – zunächst eine höhere Wahlbeteiligung suggeriert: In Österreich lebende Russen konnten sich nicht erinnern, dass es vor diesem Wahlsonntag bei Urnengängen zu Schlangen von mehreren hundert Meter Länge vor der russischen Botschaft gekommen wäre.

Anstellzeiten von teils mehr als fünf Stunden

Anstellzeiten von teils mehr als fünf Stunden wurden von Beobachtern gestern Abend mit einem deutlich langsameren Prozedere in Verbindung gebracht: Insbesondere die Sicherheitschecks und die obligatorische Abgabe von Mobiltelefonen im Eingangsbereich kostete Zeit. Eine größere Anzahl an Personen dürfte sich zudem angestellt haben, um Zeit mit Freunden zu verbringen, fand letztlich jedoch nicht den Weg in das Wahllokal.

Kreml weist Kritik zurück

Der Kreml wies unterdessen heute Kritik russischer Oppositioneller – insbesondere im Ausland bzw. Exil – zurück, die fordern, die Präsidentschaftswahl nicht anzuerkennen. „Es gibt viele Menschen, die sich völlig von ihrer Heimat abgewandt haben“, sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow in Moskau laut der Nachrichtenagentur Reuters. Diese Menschen „verlieren ihre Wurzeln, ihre Verbindung mit ihrer Heimat. Sie verlieren das Verständnis für ihre Heimat und hören auf, den Puls ihres Landes zu spüren.“ In dieses Lager rücke auch immer mehr Julia Nawalnaja, die Witwe Nawalnys.