Fotomontage – Ankündigung zum 834. bosnischen Jahrestages am 7. Oktober 2023 in Graz
ORF/Fotomontage
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Anerkennung

Bosnier streben Volksgruppenstatus an

Bosnierinnen und Bosnier in Österreich sollen als Volksgruppe anerkannt werden – das haben sich bosnische Vereine zum Ziel gesetzt. Mit dem Volksgruppenstatus sind Rechte auf den Schutz von Sprache und Kultur verbunden. Ihr Anliegen wollen die Vereine nun an das Parlament richten. Unterstützt werden sie von einer bunten politischen Koalition.

Anfang Oktober soll die Initiative zur Anerkennung im Parlament eingebracht werden, betont die Gesellschaft bosnischer Akademiker in Österreich am Sonntag im Interview mit dem ORF-Magazin „Heimat Fremde Heimat“. Bereits Mitte der 1990er-Jahre wurde von dem heuer im Mai verstorbenen Schriftsteller Dževad Karahasan eine staatliche Anerkennung als autochthone Volksgruppe angestrebt. Nach Jahrzehnten soll nun dieses Ansinnen konkret an die Politik herangetragen werden.

Im Laufe der Zeit konnte die Gesellschaft bosnischer Akademiker mit ihrem Präsident Siradj Duhan, der sich federführend für eine Anerkennung einsetzt, zahlreiche Prominente – vor allem aus Reihen der Politik – für ihr Anliegen gewinnen: Auf der Liste finden sich neben dem ehemaligen SPÖ-Politiker und Altbundespräsident Heinz Fischer auch der Jurist und ehemalige ÖVP-Politiker Heinrich Neisser und die Grüne Nationalratsabgeordnete Olga Voglauer.

Bosnische Community will Anerkennung als Volksgruppe

Die Gesellschaft bosnischer Akademiker in Österreich mit deren Präsident Siradj Duhan wird Anfang Oktober offiziell den Antrag auf Anerkennung der bosnischen Community als österreichische Volksgruppe einbringen. Unterstützung findet dieses Anliegen nicht nur durch zahlreiche Prominente wie etwa den Diplomaten Wolfgang Petritsch, Ex-Bundeskanzler Heinz Fischer oder den ehemaligen ÖVP-Politiker und Juristen Heinrich Neisser, sondern auch durch den Dachverband für serbische Vereine in Wien sowie Vertreterinnen und Vertreter der anerkannten österreichischen Volksgruppen. Die bosnische Community erwartet sich durch diese gesetzliche Verankerung Schutz ihrer Kultur und Sprache.

Status der autochthonen Volksgruppen

Derzeit gibt es in Österreich sechs anerkannte Volksgruppen: die Slowenen in Kärnten und in der Steiermark, die Burgenlandkroaten, Tschechen, Slowaken, Ungarn und Roma. „Die Verfassung schützt autochthone Volksgruppen und versteht darunter österreichische Staatsbürgerinnen und Staatsbürger mit eigenem Volkstum, die länger in Österreich ansässig und beheimatet sind“, sagt der Verfassungsrechtler Bernd-Christian Funk im Gespräch mit dem ORF.

Durch diese territoriale und damit auch ideelle Bindung unterscheiden sich Volksgruppen von anderen ethnischen Gruppen in Österreich, die durch Migration entstanden sind. Bei den Bosnierinnen und Bosnier treffen beide Aspekte zu: einerseits hat Bosnien eine historische Verbindung zum Land, andererseits kamen viele Menschen in den 1990er-Jahren aufgrund des Krieges in Bosnien nach Österreich.

Beispielswirkung als Haupteinwand

Der Verfassungsexperte spricht im Fall von Bosnien von einem „Sonderfall“. Schließlich war Bosnien und Herzegowina ab 1878 vier Jahrzehnte lang Teil der Österreichisch-Ungarischen Monarchie. Als einen der Haupteinwände seitens politischer Entscheidungsträger gegen eine Volksgruppenanerkennung sieht Verfassungsexperte Funk allerdings die Beispielswirkung für andere ethnischen Gruppen, die „sich noch gar nicht absehen lässt“.

Ein geregeltes gesetzliches Verfahren für eine Anerkennung als Volksgruppe gibt es nicht. Dennoch gab es bereits Versuche von anderen ethnischen Gruppen als Volksgruppe in Österreich anerkannt zu werden: In den 1990er-Jahren gab es türkische Vereine, die die Anerkennung der Türkinnen und Türken in Österreich als Volksgruppe anstrebten und Anfang 2000 wagten die Polinnen und Polen einen Anlauf – beide scheiterten mit ihrem Versuch.