Autor und Menschenrechtsaktivist Erwin Riess
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Aktivist und Autor Erwin Riess gestorben

Der österreichische Autor und Menschenrechtsaktivist Erwin Riess ist in der Nacht auf Samstag im Alter von 66 Jahren gestorben. Unermüdlich war sein gesellschaftliches und politisches Engagement bis zuletzt und dies vor allem für die Rechte von Menschen mit Behinderungen.

Erwin Riess wurde 1957 in Wien geboren, wuchs in Krems auf und studierte in Wien, Berlin und Rostock Politik- und Theaterwissenschaft. Er schrieb Essays, Kurzgeschichten, Hörspiele und Drehbücher. Zu seinen Stücken zählen „Kuruzzen“, „Loibl-Saga“, „Der Zorn der Eleonore Batthyány“ und „Herr Grillparzer fasst sich ein Herz und fährt mit einem Donaudampfer ans Schwarze Meer“. Mit seinen Krimis rund um den im Rollstuhl sitzenden Detektiv Groll erlangte Erwin Riess zuletzt Bekanntheit. Die acht Groll-Romane, von denen der letzte 2021 erschienen ist, waren häufig eine Mischung aus Reise- und Kriminalliteratur und stets von einem aufklärerischen Impetus geprägt.

Große Beiträge zur Bewusstseinsschaffung

Der Otto Müller Verlag, bei dem die Groll-Krimireihe veröffentlicht wurde, betonte heute in einer Aussendung, dass seine literarischen Texte große Beiträge zur Bewusstseinsschaffung seien. Denn mit viel Witz und Sarkasmus ließ Riess seine Romanhelden gegen die Ignoranz einer Gesellschaft ankämpfen, der das Wort „Barrierefreiheit“ unbekannt geblieben scheint. „Seine wichtige und markante Stimme ist ein Verlust; mehr noch wird seine freundliche, unaufdringlich belesene, aufgeschlossene und humorvolle Persönlichkeit fehlen“, so der Verlag.

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„Vielfältiger Experte“

Der Rollstuhlfahrer Erwin Riess war eine starke Stimme im Kampf für die Menschenrechte, vor allem aber für die Rechte von Menschen mit Behinderungen und für ein Selbstbestimmtes Leben. In einem letzten Interview für „Heimat Fremde Heimat“ im Dezember des Vorjahres hob er etwa die Bedeutung der UN-Behindertenrechtskonvention hervor, mit der Menschen mit Behinderungen als Rechtssubjekte anerkannt werden und nur von diesem Status aus Politik gemacht werden könne. Er betonte auch, dass Menschen mit Behinderungen auch von solchen politisch vertreten werden sollten. „Als behinderter Mensch in Österreich zu leben, da muss man ein vielfältiger Experte sein, viel Geduld haben, viel Kampfkraft haben und auch dunkle Zeiten überstehen und da wird man, ob man will oder nicht, zum Experten im Sozialrecht, im Zuschussrecht usw.“ Und dieses Expertenwissen sollte laut Riess anerkannt werden, was auch ein zentraler Punkt der Independent Living Bewegung und auch der UN-Behindertenrechtskonvention sei.

Für ein Selbstbestimmtes Leben

Erwin Riess war u.a. langjähriges Vorstandsmitglied der Initiative Minderheiten, von 1984 bis 1994 Referent für behindertengerechtes Bauen im Wirtschaftsministerium, arbeitete im Rahmen vom Netzwerk EUCREA für Künstlerinnen und Künstler mit Behinderungen und unterrichtete an der Universität Klagenfurt im Bereich des „Independent Living“, der Emanzipationsbewegung eines Selbstbestimmten Lebens. In den vergangenen Jahren lebte Riess, der 2002 mit dem Würdigungspreis des Landes Niederösterreich für Literatur ausgezeichnet wurde, in Wien-Floridsdorf und am Wörthersee in Kärnten, wo er nun gestorben ist.