Das Rettungsschiff „Ocean Viking“ im Hafen von Marseille, mit dem die französische NGO „SOS Mediterranee“ und „Medecins sans Frontieres“ (MSF – Ärzte ohne Grenzen) wieder ihre Rettungseinsätze im Mittelmeer aufnehmen. (4.8.2019)
CLEMENT MAHOUDEAU / AFP / picturedesk.com
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Libysche Küstenwache soll Rettungsaktion verhindert haben

Die Hilfsorganisationen SOS Méditerranée und Sea-Watch haben der libyschen Küstenwache vorgeworfen, gestern durch das Abfeuern von Schüssen in die Luft die Rettung von Dutzenden Menschen in Seenot verhindert zu haben.

SOS Méditerranée erklärte, die libysche Küstenwache habe die Besatzung ihres Rettungsschiffes „Ocean Viking“ mit Schusswaffen bedroht und anschließend 80 Menschen in Seenot in internationalen Gewässern „brutal“ abgefangen.

Dem Rettungsschiff „gefährlich nahe“ gekommen

Das zivile Notrufnetzwerk Alarm Phone habe zuvor den Notruf eines Bootes in Seenot in internationalen Gewässern vor Libyen an das Rettungsschiff „Ocean Viking“ von SOS Méditerranée weitergeleitet. Auf dem Weg zu dem Seenotfall sei ein Patrouillenboot der libyschen Küstenwache aufgetaucht und dem Rettungsschiff „gefährlich nahe“ gekommen. Alle Versuche, die Küstenwache per Funk von der Brücke der „Ocean Viking“ aus zu kontaktieren, seien unbeantwortet geblieben, erklärte SOS Méditerranée. Die Besatzung des Patrouillenbootes habe sich zunehmend aggressiv verhalten, habe mit Schusswaffen gedroht und damit begonnen, Schüsse in die Luft abzufeuern. Angesichts der Bedrohung für die Sicherheit der Besatzung habe sich die „Ocean Viking“ entfernt, während die libysche Küstenwache weiter in die Luft geschossen habe.

Menschen fielen von Bord des überfüllten Schlauchbootes

Die Nichtregierungsorganisation Sea Watch beobachtete den Seenotfall von einem zivilen Überwachungsflugzeug aus und veröffentlichte ein Video davon im Kurznachrichtendienst Twitter. Demnach fielen zwischenzeitig Menschen von Bord des überfüllten Schlauchbootes.

Bereits im Jänner sei Rettungsaktion gefährdet worden

SOS Méditerranée beobachtete nach eigenen Angaben bereits zum zweiten Mal in diesem Jahr, „wie die libysche Küstenwache die Sicherheit von Menschen in Seenot und der Besatzung der Ocean Viking in Gefahr bringt“. Schon im Jänner habe sie eine laufende Rettungsaktion gefährdet, indem sie das Such- und Rettungsteam an Bord der Rettungsschnellboote daran gehindert habe, zum Mutterschiff zurückzukehren. „Glücklicherweise konnten alle Überlebenden und die Besatzung schließlich an Bord der Ocean Viking gehen.“

NGOs sehen „Völkerrechtsbruch und Gewalt“

Beide Hilfsorganisationen kritisierten das Vorgehen der libyschen Küstenwache vor allem vor dem Hintergrund, dass diese von den EU-Mitgliedstaaten finanziert, ausgerüstet und ausgebildet werde. „Völkerrechtsbruch und Gewalt – im Auftrag und bezahlt von der EU“, kritisierte Sea-Watch auf Twitter.