Niederösterreichischer Landtga

SchriftstellerInnen orten „finsteres politisches Kapitel“

Anlässlich der Konstituierung des neuen niederösterreichischen Landtags haben Würdigungspreisträgerinnen und -preisträger des Landes Niederösterreich und die österreichischen Schriftsteller/innenverbände heute ein „finsteres politisches Kapitel“ geortet, das in Österreich aufgeschlagen werde.

Die personellen Besetzungen der Landesregierung und das Arbeitsübereinkommen von ÖVP und FPÖ seien „nicht zu rechtfertigen“, hieß es in einer Gemeinschaftsstellungnahme. Es werde „eine Regierung gebildet, die FPÖ-Funktionären vom rechtesten Rand erlaubt, sich in die erste Reihe der politischen Repräsentanten zu stellen. Ein FPÖ-Politiker wie Udo Landbauer, der auf Grund seiner politischen Vorgeschichte bis jetzt in Wikipedia als ‚rechtsextremer österreichischer Politiker‘ geführt wird, ist nunmehr Landeshauptfrau-Stellvertreter. Ein Politiker wie Gottfried Waldhäusl, der Erfinder der mit Stacheldraht umzäunten Asylunterkunft für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge und der Schüler/inn/en, die selbst oder deren Eltern nicht aus Österreich kommen, für unerwünscht in Österreich erklärt, ist nunmehr Zweiter Landtagspräsident und bekleidet damit eines der höchsten repräsentativen Ämter des Landes“, wurde in einer Aussendung betont.

„Pandemie-Wiedergutmachungstopf“ als wichtigstes Ereignis

„Dementsprechend“ sei das Arbeitsübereinkommen der ÖVP mit der FPÖ zur Bildung der neuen niederösterreichischen Regierung gestaltet. Es habe „als wichtigstes Ergebnis einen Pandemie-Wiedergutmachungstopf in der Höhe von 30 Millionen Euro, der pure politische Scharlatanerie ist, die nicht das Geringste mit verantwortungsvoller Politik zu tun hat, sondern eine Anerkennung für Coronaleugner, Verschwörungstheoretiker und andere FPÖ-Sympathisantengruppen aus der Anti-Corona-Maßnahmen-Bewegung ist: Sie sollen die ‚Corona-Opfer‘ sein, nicht die an Corona Gestorbenen und ihre Angehörigen, nicht an Corona Erkrankte oder durch Long-Covid Geschädigte“, so die 22 NÖ Würdigungspreisträgerinnen und -preisträger sowie die vier bundesweiten Schriftsteller/innenverbände in ihrer Aussendung.

„Dieser Topf ist eine Beleidigung“

„Dieser Topf ist eine Beleidigung aller, und das ist die weitaus überwiegende Mehrheit der Bevölkerung, die sich an die Corona-Regeln gehalten haben, und er untergräbt generell die Notwendigkeit und Legitimität von politischen Entscheidungen. Er will angeblich die gesellschaftliche Spaltung beseitigen und schafft sie“, so die Unterzeichner.

WürdigungspreisträgerInnen des Landes NÖ

Zu ihnen zählen Würdigungspreisträgerinnen und -preisträger des Landes NÖ wie Zdenka Becker, Walter Grond, Josef Hader, Josef Haslinger, Peter Henisch, Gerhard Jaschke, Franz Koglmann, Alfred Komarek, Otto Lechner, Helmut Peschina, Martin Pollack, Gerhard Ruiss, Robert Schindel, Evelyn Schlag, Ferdinand Schmatz, Julian Schutting, Franz S. Sklenitzka, Gerald Szyszkowitz, Peter Turrini, Renate Welsh, Herbert J. Wimmer und Gernot Wolfgruber sowie IG Autorinnen Autoren, Österreichischer PEN Club, Grazer Autorinnen Autorenversammlung, Österreichischer Schriftsteller/innenverband und literatur:vorarlberg.

„Irrationale nationalistische Ansätze“

Ein anderer Schwerpunkt im Arbeitsübereinkommen „ist die vorgebliche Integration, die im Wesentlichen aus vollkommen irrationalen nationalistischen Ansätzen besteht. In Schulhöfen soll das Deutschsprechen in Hausordnungen festgelegt werden und die Wohnbauförderung wird an deutsche Sprachkenntnisse geknüpft. Die Grundversorgung von Asylwerber/inne/n soll durch Sachleistungen ersetzt, die Asylquartierbelastung soll gering gehalten werden, Integrationsprojekte werden Sparsamkeitsvorgaben unterworfen“.

Skandalöse Gleichsetzung im Kapitel „Kultur“

Das Programm enthalte auch ein – „selbstverständlich ebenfalls nationalistisch gefärbtes – Rauschkugel-Abkommen“, wurde im Zusammenhang mit der geplanten „Wirtshausprämie“ betont. Eine ganz und gar skandalöse Gleichsetzung finde sich im Kapitel „Kultur“: „Erhaltung und Sanierung der jüdischen Friedhöfe sowie Fürsorge für die Kriegs- und Opfergräber.“

„Nichts ist mehr ausgeschlossen“

„Nichts ist mehr ausgeschlossen“, resümierten die Unterzeichnerinnen und Unterzeichner des Schreibens im Zusammenhang mit der Regierungsbildung und dem Arbeitsübereinkommen von ÖVP und FPÖ in Niederösterreich. „Vor allem nicht, dass sich die ÖVP auch auf Bundesebene zur Wegbereiterin der bisher nur auf die FPÖ beschränkt gewesenen nationalistischen Politik in Österreich macht.“

Heinzl sieht schwarz-blaue Pakt als klarer Rechtsruck

„Besorgt“ zeigte sich anlässlich der Wahl der neuen NÖ Landesregierung der Vorsitzende der Sozialdemokratischen Freiheitskämpfer und aktiven Antifaschisten in Niederösterreich, Abg. a.D. Anton Heinzl. Der schwarz-blaue Pakt stehe für einen klaren Rechtsruck im Land. „Mit dem Bündnis der ÖVP mit der FPÖ werden Rassismus, Alltagsfaschismus, Ausgrenzung und die ständige Spaltung der Bevölkerung salonfähig gemacht“, so Heinzl.

Scharfe Kritik von Global 2000

Die Umweltschutzorganisation Global 2000 übte scharfe Kritik am schwarz-blauen Regierungsprogramm. Während die Folgen der Klimakrise in Niederösterreich immer mehr zu spüren seien und Landwirtinnen und Landwirte aktuell unter der Trockenheit stöhnten, "fehlt im Regierungsübereinkommen Klimaschutz praktisch komplett. Statt einem Bekenntnis zur Klimaneutralität 2040 und einem Plan für ein Ende der Gasabhängigkeit will die neue Landesregierung den Straßenbau vorantreiben. Mit diesem Programm droht Niederösterreich zum Klima-Nachzügler Österreichs zu werden“, betonte Johannes Wahlmüller, Klima- und Energiesprecher von Global 2000.