Grönland

Aufklärung über dänische Zwangsverhütungskampagne

Grönland verlangt von Dänemark Aufklärung über die in den 1960er Jahren und auch danach auf der Insel durchgeführte, sogenannte „Spiralkampagne“. Damals wurden rund der Hälfte aller grönländischen Frauen im fortpflanzungsfähigen Alter solche Verhütungsmittel eingesetzt – auch ohne ihr Wissen und gegen ihren Willen.

Systematisches Ziel der dänischen Behörden soll es gewesen sein, das Bevölkerungswachstum unter der einheimischen Bevölkerung einzudämmen. Das Parlament in Nuuk stimmte gestern einstimmig dafür, Dänemark um eine „unabhängige Untersuchung der Verhütungspraxis der dänischen Gesundheitsbehörden zwischen Mitte der 1960er-Jahre und 1991“ zu ersuchen. Erst seit 1991 liegt das grönländische Gesundheitssystem in der Kompetenz der Autonomieregierung.

Bericht über „Spiralkampagne“

Das Thema war zuletzt in Grönland heftig diskutiert worden. Zahlreiche Frauen mussten laut Gesundheitsministerin Mimi Karlsen psychologische Hilfe in Anspruch nehmen, nachdem ein Podcast des Dänischen Rundfunks (DR) über die im Wesentlichen zwischen 1966 und 1970 durchgeführte „Spiralkampagne“ berichtet hatte.

Hälfte der damaligen weiblichen Bevölkerung betroffen

Insgesamt sollen bis 1970 4.500 Frauen ab 13 auf Anweisung der dänischen Behörden Spiralen eingesetzt bekommen haben. Das entspricht laut dem grönländischen Sender KNR ziemlich genau der Hälfte der damaligen weiblichen Bevölkerung Grönlands im fortpflanzungsfähigen Alter. Dem Bericht zufolge wurden damals die Gesetze dahin gehend geändert, dass minderjährigen Frauen auch ohne Zustimmung ihrer Eltern Spiralen eingesetzt werden durften. Die Aktion soll mindestens bis 1975 weitergeführt worden sein.

Grönländische Kinder wurden Eltern weggenommen

Dänemark wird immer wieder mit den dunklen Seiten seiner Kolonialvergangenheit konfrontiert. In den 1950er-Jahren ließ Dänemark im Rahmen eines Sozialforschungsprogrammes 22 grönländische Kinder ihren Eltern wegnehmen und nach Dänemark bringen, um sie zu „modernen Dänen“ zu machen. Die Kinder entwickelten schwere psychische Probleme. Das Experiment musste abgebrochen werden. Rund die Hälfte der Kinder starb noch vor dem Erreichen des Erwachsenenalters.