Geflüchtete an der belarussischen-polnischen Grenze (8.11.2021)
LEONID SHCHEGLOV / AFP / picturedesk.com
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Flucht & Asyl

Landau fordert Ende der „Politik des Wegschauens“

Caritas-Präsident Michael Landau drängt auf einen Richtungswechsel in der EU-Migrationspolitik. Es müsse „die Politik des Wegschauens, des Verdrängens und auch der populistischen Parolen ein Ende haben“, sagte der derzeitige Caritas-Europa-Präsident heute laut Kathpress in „Radio Vatikan“.

Landau stellte sich hinter Papst Franziskus, der am Montag die EU aufgerufen hatte, ein „kohärentes und umfassendes System zur Steuerung der Migrations- und Asylpolitik zu schaffen“.

Für humanen Umgang mit geflüchteten Menschen

„Papst Franziskus hat völlig recht, wenn er sagt: Wir brauchen jetzt Fenster des Dialogs und Breschen der Geschwisterlichkeit“, sagte Landau. Für einen humanen Umgang mit geflüchteten Menschen könne es keine bloß österreichische, deutsche, italienische oder ungarische Lösung geben, sondern nur eine gemeinsame, europäische Antwort. „Und es muss eine Antwort sein, die auf den unverhandelbaren Fundamenten der Europäischen Menschenrechtskonvention fußt, die die Überzeugung der Genfer Flüchtlingskonvention ausdrückt und die unteilbare Würde jedes Menschen respektiert“, betonte der Caritas-Präsident. Diesen moralischen Mindestanforderungen werde Europa derzeit nicht gerecht.

Push-backs als Realität

Push-backs an den EU-Außengrenzen seien „Tag für Tag Realität“ und die Genfer Flüchtlingskonvention stehe auf dem Spiel, wenn Menschen im Mittelmeer ertrinken, auf dem europäischen Festland ums Leben kommen, sich in Wäldern verstecken müssen oder „in unwürdigen Camps untergebracht werden“, so Landau. „Europa kann das besser.“

Menschen und Grenzen schützen

Hilfe vor Ort sei „extrem wichtig“, betonte Landau. Doch müsse es auch Seenotrettung geben. „Es muss beides möglich sein, Menschen und Grenzen zu schützen.“ Als drittes Element brauche es gemeinsame humanitäre Aufnahmeprogramme mit jährlichen fixen Kontingenten für Schutzsuchende. „Ich habe den Eindruck, dass es in Europa durchaus eine gute humanitäre Tradition gibt – und an diese Tradition soll man auch jetzt wieder anschließen“, so der Präsident von „Caritas Europa“ und „Caritas Österreich“.

Bundesregierung gegen Aufnahme von Geflüchteten

Österreich zählt seit Jahren zu den Hardlinern in der Flüchtlingsfrage. Unter Verweis auf die hohe Zahl an Asylanträgen lehnt die aktuelle Bundesregierung die zusätzliche Aufnahme von notleidenden Flüchtlingen, etwa aus Camps im Mittelmeerraum, ab. Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) wandte sich erst zu Weihnachten gegen einen – nach Aufforderung durch Papst Franziskus geäußerten – Aufruf der Bischofskonferenz, 100 Flüchtlingsfamilien ins Land zu lassen. „Wir haben hunderte Familien schon dieses Jahr aufgenommen“, sagte Nehammer im APA-Interview unter Verweis darauf, dass fast alle EU-Staaten bei den Asylanträgen „weniger belastet sind als Österreich“.