Dieses Kapitel der Geschichte war bisher unerforscht, heißt es in einer Aussendung der Universität Salzburg. Die Armenologin Dum-Tragut habe es in einem Forschungsprojekt aufgearbeitet, das jetzt in der Ausstellung „Fernab der Heimat, in der Heimat“ anhand von einzigartigen Exponaten und ausgewählten Lebensgeschichten von 20 Soldaten präsentiert wird.
„Fernab der Heimat, in der Heimat. Schicksale armenischer Soldaten im Ersten Weltkrieg“
Sonderausstellung im Genozid Museum, Jerewan, von Samstag, 31. August bis Donnerstag, 31. Oktober 2019
Die Ausstellung ist dreisprachig: Armenisch, Deutsch und Englisch.
Armenische Soldaten in der russischen Armee
Während des Ersten Weltkriegs kämpften in der russischen Armee auch armenische Soldaten gegen Österreich-Ungarn. Hunderte gerieten in Gefangenschaft und mussten als Insassen der österreichischen Kriegsgefangenenlager wie z.B. in Purgstall, Spratzern, Wieselburg in Niederösterreich oder im Salzburger Grödig als Helfer bei Bauern, in Fabriken oder im Straßenbau arbeiten. Ihren Schicksalen ist Jasmine Dum-Tragut, Leiterin der Abteilung für Armenische Studien am Zentrum zur Erforschung des Christlichen Ostens (ZECO) an der Universität Salzburg nachgegangen.
Auseinandersetzung mit Geschichte der Kriegsgefangenen
Dum-Tragut ist die einzige habilitierte Armenologin in Österreich. „Mit den armenischen Kriegsgefangenen in österreichischen Lagern hat sich bisher noch niemand auseinandergesetzt. Ich habe versucht, ihre Geschichte, zu denen es dank der Aufzeichnungen des österreichischen Anthropologen Rudolf Pöch gute Anhaltspunkte gibt, zu verfolgen. Ich habe mich auf die Suche gemacht nach den Erfahrungen der Soldaten fernab der Heimat an der Front, ihrer Gefangenschaft, Flucht oder Befreiung, ihrer Rückkehr in die Heimat und ihrem Leben nach dem Krieg.“
Dreijährige Feldforschung
Nach dreijähriger Arbeit in österreichischen, armenischen und russischen Archiven und intensiver Feldforschung in den Heimatdörfern der Kriegsgefangenen, wo Dum Tragut Angehörige aufgesucht hat, werden nun die Schicksale von 20 Soldaten in der Ausstellung präsentiert. Zu sehen sind Exponate aus den Kriegsgefangenenlagern, Archivfotos, Videos, Dokumentarfilme, alte Tonaufnahmen und jüngst dokumentierte Erinnerungen von Verwandten der Soldaten.
Interesse durch Phonogramm-Aufnahmen geweckt
Dum-Traguts Interesse an der Thematik wurde ursprünglich durch Phonogramm-Aufnahmen von Armeniern geweckt, die der österreichische Anthropologe Rudolf Pöch während des Ersten Weltkriegs im Auftrag von Kaiser Franz Josef und der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften in österreichischen Kriegsgefangenenlagern gemacht hatte. Pöch hatte 7000 russische Kriegsgefangene, darunter auch 200 Armenier, anthropologisch untersucht. Er hat sie vermessen, fotografiert, Gipsabdrücke angefertigt, ihre Daten dokumentiert und eben auch Stimmaufnahmen gemacht.