Alexandre Diop: Il était une fois le Mouton Noir, 2021, Mischtechnik auf Holz,
ALBERTINA, Wien
Albertina Wien
Albertina Wien
bis 18.8.2024

„The Beauty of Diversity“ in Albertina modern

Die Albertina modern versucht einen zeitgemäßen Blick über den Tellerrand: „The Beauty of Diversity“ will die gegenwärtige Vielfalt in der Gesellschaft und damit auch in der Kunst abzubilden.

Anhand von mehr als 100 Arbeiten werden Geschlechterzuschreibungen hinterfragt, der Kanonbegriff gegen den Strich gebürstet und Positionen von People of Colour, Außenseitern, Autodidakten oder der LGBTQIA+-Community vor den Vorhang geholt. Ein höchst diverses Potpourri.

Man wolle im 21. Jahrhundert dem Wunsch und der Notwendigkeit, das Kunstgeschehen nicht nur aus einer eurozentrierten bzw. amerikanischen Perspektive abzubilden, nachkommen, so Generaldirektor Klaus Albrecht Schröder zur Ausstellung.

„Vielfalt“ als „Bereicherung“

Nicht zuletzt gehe es darum, dem Publikum klarzumachen, „dass Vielfalt, die im Alltag oft als Bedrohung empfunden wird, eine Bereicherung ist“. „Sehr glücklich“ mache es ihn, dass der Werkparcours fast ausschließlich aus eigenen Beständen zusammengestellt werden konnte. Denn seit den 2000er-Jahren werde die Sammlung des Hauses, in der „weiße Männer“ von Michelangelo und Dürer über Rubens und Goya bis Picasso und Warhol freilich eine große Rolle spielen, mit dem Ziel der Diversifizierung laufend erweitert.

Sungi Mlengeya: Wallow, 2022, Acryl auf Leinwand, Privatsammlung, Courtesy of Afriart Gallery
Sungi Mlengeya
Sungi Mlengeya: Wallow, 2022, Acryl auf Leinwand, Privatsammlung, Courtesy of Afriart Gallery

Widerstand, Empowerment und Darstellung von Identität

Laut Albertina modern-Direktorin Angela Stief, die die Schau kuratiert hat, dreht sich „The Beauty of Diversity“ um Widerstand, Empowerment und „das Einstehen für Freiheit, die eigene Identität darzustellen“. Die Hintertreibung klarer Geschlechterzuschreibungen zieht sich durch viele Abschnitte der Ausstellung – sei es bei den mit Schläuchen verbundenen, mehrköpfigen Wesen von Franz Ringel, bei den aus Plastikblumen, Haarteilen und Christbaumschmuck gefertigten, bunt-trashigen Zwitter-Assemblagen von Verena Bretschneider oder den Skulpturen von Jonathan Meese.

Um klar feministische Selbstermächtigung geht es hingegen bei Maria Lassnig, die als überlebensgroße „Queen Kong“ durch die New Yorker Skyline stapft, oder bei der Schweizerin Miriam Cahn. Eine Ikone der Kunstgeschichte wiederum wird gleich gegen Anfang der Schau entstellt: Das Kollektiv Gelitin/Gelatin deformiert die Mona Lisa als gerahmte Plastilinfratze.

Amoako Boafo: Ivy Off Shoulder Dress, 2023, Oil on canvas, ALBERTINA, Wien – Familiensammlung Haselsteiner, © Bildrecht, Wien 2024
Sandro E. E. Zanzinger
Amoako Boafo: Ivy Off Shoulder Dress, 2023, Oil on canvas, Albertina, Wien – Familiensammlung Haselsteiner, Wien 2024

„Black Art Matters“

Unter dem Titel „Black Art Matters“ ist Schwarzen Kunstschaffenden ein eigener Raum gewidmet. Vorgestellt wird etwa der in Wien lebende Franko-Senegalese Alexandre Diop, der nicht nur mit einem großen Triptychon („Il état une fois le mouton noir/Es war einmal ein schwarzes Schaf“), sondern auch mit Assemblagen vertreten ist. Für die Darstellung seiner Figuren, die an menschliche Skelette oder skalpierte Körper gemahnen, verwendet der junge Künstler, Jahrgang 1995, Materialien wie Nägel, Metallklammern oder Stricke als Symbole für Gewalt, Aggression und Rassismus.

Amoako Boafo aus Ghana porträtiert wiederum Menschen dunkler Hautfarbe auf leuchtend-monochromem Hintergrund, wobei sein Stil durchaus an die Wiener Moderne erinnert. Die zum V gespreizten Zeige- und Mittelfinger in „Ivy schulterfreies Kleid“ – Schiele lässt grüßen.

Vielfalt der Ästhetik

Laut Stief verhandelt die Schau Diversität nicht nur als identitätspolitische Fragestellung, sondern auch im Sinne einer Vielfalt der Ästhetik. Generaldirektor Klaus Albrecht Schröder meinte folglich, die 13 Kapitel könnten jedes für sich eine eigene Ausstellung sein. „Die Positionen sind hier nicht auf einen stilistischen Nenner zu bringen. Das gibt es hier nicht.“

„The Beauty of Diversity“ in der Albertina modern, von Freitag, 16. Februar bis Sonntag, 18. August 2024, Ausstellungskatalog in Deutsch und Englisch: 32,90 Euro