CHRONIK

„Rechtliche Tatsachen nicht vergessen“

Dass nunmehr in Sielach/ Sele eine zweisprachige Ortstafel aufgestellt wird, sei erfreulich, schreibt der Verein Kärntner slowenischer Juristen/ Društvo koroških slovenskih pravnikov. „Die Freude kann aber nicht eine Analyse der tatsächlichen rechtlichen Situation ersetzen“, so Vereinsobmann Rudi Vouk.

Nach völkerrechtlichen Verpflichtungen müsste in Sielach/ Sele die zweisprachige Ortstafel schon seit dem Österreichischen Staatsvertrag 1955 stehen, so der slowenische Juristenverein. Im Jahre 1976 wurde das Volksgruppengesetz beschlossen, „nach diesem Gesetz sollten zweisprachige Ortstafeln alle Gemeinden mit über 25 % slowenischer Bevölkerung bekommen. Wenn man nicht von den manipulierten Ergebnissen der Minderheitenfeststellung besonderer Art 1976 ausgegangen wäre, hätte man in Sittersdorf/ Žitara vas schon nach der Verordnung über die zweisprachige Topographie vom 31.05.1977 überall und damit auch in Sielach/ Sele zweisprachige Ortstafeln aufstellen müssen, da diese Gemeinde damals über 25 % slowenischer Bevölkerung hatte“, erläutert der Verein Kärntner slowenischer Juristen in der Aussendung.

Der Verfassungsgerichtshof habe am 13. Dezember 2001 festgestellt, dass alle Orte mit mehr als 10 % slowenischer Bevölkerung zweisprachige Aufschriften bekommen müssen. „Sielach/ Sele hatte über 10 % slowenischer Bevölkerung und hätte daher nach dem Urteil des Verfassungsgerichtshofes umgehend eine zweisprachige Aufschrift bekommen müssen. Aber auch, wenn es zu einer Novelle des Volksgruppengesetzes und damit einer Umsetzung der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes erst im Jahre 2011 kam, müsste spätestens dann die zweisprachige Ortstafel in Sielach/ Sele aufgestellt werden – hätte man nicht die völkerrechtswidrige neue 17,5-% Klausel eingeführt“, heißt es weiters.

Selbst danach habe die Gemeinde Sittersdorf/ Žitara vas mehrfach die Möglichkeit gehabt eine zweisprachige Ortstafel für Sielach/ Sele vorzusehen, „etwa als die Unterschriften der Mehrheit der Haushalte aus Sielach/ Sele vorgelegt wurden, mit welchen sie sich für eine zweisprachige Aufschrift aussprachen, oder als der Gemeinderat bereits im Jahre 2017 den Antrag auf zweisprachige Beschriftung behandelte“.

Und der Verein, dessen Obmann der Rechtsanwalt Rudi Vouk ist, fügt an: „Was diesbezüglich die Vorsitzenden des Zentralverbandes und der Gemeinschaft der Kärntner Sloweninnen und Slowenen mit ihrer Aussendung, ‚dass eine Politik des Dialoges und der Kooperation – entgegen der Politik der Hassprediger, die die Konfrontation betreiben – erfolgreich ist‘, meinen, bleibt unerfindlich. Wesentlich ist, dass sich am Beispiel der zweisprachigen Ortstafel in Sielach/ Sele endlich der Rechtsstaat durchsetzte.“

Im Anschluss werden noch jene Ortschaften ohne zweisprachige Ortsschilder angeführt, die einen gleich hohen oder höheren Anteil slowenischer Bevölkerung wie Sielach/ Sele haben. „In einem Rechtsstaat ist zu erwarten und muss gefordert werden, dass ehestens die fehlenden zweisprachigen Aufschriften auch in allen angeführten Orten und darüber hinaus in allen jenen Ortschaften, welche zweisprachige topografische Aufschriften schon nach dem Staatsvertrag von Wien und der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes haben müssten, aufgestellt werden“, heißt es abschließend in der Aussendung des Vereines Kärntner slowenischer Juristen/ Društvo koroških slovenskih pravnikov.