Babiš | Slowakischer Milliardär, der Prag mit Krapfen eroberte

Der zweitreichste Tscheche Andrej Babiš, geboren in Bratislava, hat sich als ausgezeichneter Stratege bewiesen. Nachdem er jahrelang sein Wirtschaftsimperium - den Agrar- und Nahrungsmittelkonzern Agrofert - erfolgreich aufgebaut hat, ist ihm nun auch ein fulminanter Einstieg in die Politik gelungen.

Mithilfe eines aus Marketing-Sicht äußerst gut geführten Wahlkampfs, in dem er unter anderem Gratis-Krapfen in der Prager U-Bahn verteilte, stieg seine Bewegung ANO 2011 innerhalb weniger Monaten aus der Bedeutungslosigkeit zu einer ernst zu nehmenden politischen Kraft auf. Aus den Parlamentswahlen, die am Samstag endete, ging ANO als der eigentliche Sieger hervor. Sie landete überraschend auf Platz zwei.

Andrej Babiš ANO 2011

ČTK

Staat müsse wie eine Firma agieren

„Warum will ich in die Politik? Aus Zwang. Ich kann nicht mehr mitansehen, von wem und wie dieses Land gesteuert wird“, hatte der aus der Slowakei stammende 59-jährige Wirtschaftsingenieur in Anspielung auf verschiedene Skandale und das Korruptionsproblem erklärt. Der Staat müsse „wie eine Firma“ geleitet werden, so seine Forderung. Mit Stolz brüstet er sich damit, sein Unternehmen Agrofert von Null auf ohne Betrug und ohne die sogenannte Kupon-Privatisierung (umstrittene Privatisierungsmethode Anfang der 1990er Jahre) aufgebaut zu haben. Als Verdienste führt er außerdem immer wieder an an, dass er über 34.000 Leute beschäftige und zu den größten Steuerzahlen im Lande zählt.

„Wenn ich sterbe, wird nach mit zumindest etwas bleiben. Aber nach unseren Politikern bleibt nur leeres Gequatsche“, spottet Babiš mit Vorliebe, der auch mit seiner Sprache für Aufmerksamkeit sorgt: eine Mischung aus Prager Dialekt und Slowakisch.

Mehrmals geriet Babiš bereits ins Visier der Polizei wegen des Verdachts auf Wirtschaftskriminalität. Niemals wurde ihm jedoch etwas nachgewiesen. Laut der Zeitschrift „Forbes“ beträgt sein Besitz zwei Mrd. US-Dollar, womit er der 913. reichste Mensch der Welt ist.

Zielbewusste Kohäsion mit Medien und Politik

An seinem Einstieg in die Politik arbeitete Babiš zielbewusst. Zunächst rief er 2011 seine Initiative „Aktion unzufriedener Bürgern“ (ANO) ins Leben. Dann baute er deren Strukturen in den Regionen aus und begann auch auf dem Medienmarkt aktiv zu sein. Seit 2012 gibt er die Gratis-Wochenzeitung „5+2 dny | 5+2 Tage“ heraus. Zudem erwarb er im Frühjahr dieses Jahres den Verlag Mafra, der die renommierten Tageszeitungen „Mladá fronta Dnes“ und „Lidové noviny“ herausgibt.

Andrej Babiš

sme | Gabriel Kuchta

Babiš gilt als erfahrener Ökonom. Vor 1989 war er KP-Mitglied und unter anderem als Delegierter eines tschechoslowakischen Außenhandelsbetriebes in Marokko tätig. Immer wieder wird ihm die Zusammenarbeit mit der kommunistischen Geheimpolizei vorgeworfen, was Babiš jedoch strikt zurückweist. Er führt sowohl in Tschechien als auch in der Slowakei Prozesse. Gegen den früheren Finanzminister und Vizechef der liberalkonservativen TOP 09 Miroslav Kalousek, der Babiš als „kommunistischen Zuträger“ bezeichnete, reichte er eine Strafanzeige ein.

Babiš, dessen Eltern auch im Handelsbereich gearbeitet hatten, ist zum zweiten Mal verheiratet. Aus erster Ehe hat er zwei Kinder, weitere zwei Kinder hat er mit seiner zweiten Ehefrau Monika.

Er würde sich für Finanzministerium opfern

Nicht ganz klar sind bisher, die konkreten Pläne des Milliardärs. Während er zu Beginn seines politischen Projektes behauptet hatte, er wolle im Falle des Einzugs von ANO 2011 ins Parlament in der Opposition bleiben, hörte er sich in den Wochen vor der Wahl anders an. Nachdem seine Bewegung in Umfragen rasant zugelegt hatte, erkärte er, wenn man nach einem Posten in der Regierung greifen könnte, dann wäre es das Finanzministerium. „Nur ein Dummkopf ändert seine Auffassungen nicht“, fügte er hinzu.

Am Samstag nach der Wahl erklärte er wiederum, seine Bewegung wolle nicht an der Regierung beteiligt sein. Dabei hatte er erst wenige Tage zuvor auf die Frage, wen ANO 2011 für den Posten des Finanzministers nominieren würde, geantwortet: „Ich würde mich opfern“.

Von Petr Senk | APA