Pravoslavni samostan v Cetinju v Črni gori.
wikipedia / koroner
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RELIGION

Montenegro: Dialog mit serbischer Kirche

Die montenegrinische Regierung hat sich bereit erklärt, mit der serbisch-orthodoxen Kirche bzw. ihrer Metropolie in Montenegro einen Dialog über ein kurz vor der Jahreswende erlassenes Gesetz zur Religionsfreiheit aufzunehmen. Die serbisch-orthodoxe Kirche lehnt das Gesetz vehement ab.

Die Regierung sei bereit, mit allen Religionsgemeinschaften unverzüglich in Dialog über die Umsetzung des Gesetzes zu treten, unterstrich Vizepremier Zoran Pazin laut Medienberichten am Montag.

Der Gesetzesbeschluss war Ende Dezember von Protesten zehntausender Menschen in der Hauptstadt Podgorica und in einigen anderen Städten Montenegros begleitet worden. Wiederholt kam es auch zu Konfrontationen mit der Polizei.

Unterdessen hat sich die Kirchenspitze entschlossen, in Podgorica und anderswo im Land zweimal wöchentlich – an Sonn- und Donnerstagen – Prozessionen und öffentliche Gebete gegen das Gesetz zu organisieren.

Am Sonntag hatten sich mehrere tausend Menschen bei der bisher größten Prozession in der Küstenstadt Bar versammelt. Am Montag, wenn die serbische Kirche Neujahr nach dem Julianischen Kalender feiert, soll der Schwerpunkt der Aktionen allerdings in der serbischen Hauptstadt Beograd liegen. Die serbisch-orthodoxe Kirche hat nämlich zu einem Gebet für das „leidgeprüfte Volk“ in Montenegro und dem Kosovo vor der dortigen Kirche des Heiligen Sava eingeladen.

In dem Gesetz über die Religionsfreiheit, das ein Gesetz aus jugoslawischen Zeiten ersetzt, sind für die serbische Kirche zwei Bestimmungen strittig. Sie betreffen das Kirchenvermögen.

Das Gesetz, das bereits in Kraft ist, sieht unter anderem vor, dass Kirchenimmobilien, die vor 1918 im Staatsbesitz waren, erneut dem Staat zufallen sollen. Die serbische Kirche befürchtet, dass sie durch diese Regelung, die Gebäude ausklammert, die die Religionsgemeinschaften mittlerweile erworben oder gebaut haben, Vermögen in Montenegro verlieren könnte.

Die Gesetzesgeber sehen dagegen keinen Grund für die Sorge. Das Gesetz sehe nämlich, wie die Beograder Tageszeitung „Danas“ am Wochenende feststellte, gar keine Änderungen vor, was die aktuelle Benutzung der kirchlicher Gebäude angeht.

Montenegro war bis 1918 ein unabhängiges Königreich mit einer eigenen, selbstständigen orthodoxen Kirche. Nach der Eingliederung des kleinen Balkanlandes in das neu entstandene, von einem serbischen König regierte „Königreich der Serbien, Kroaten und Slowenen“ (SHS-Staat) verlor die montenegrinische Metropolie durch einen königlichen Erlass ihren „autokephalen“ – unabhängigen – Status und wurde, zusammen mit ihren Besitztümern, Teil der serbisch-orthodoxen Kirche. Das war auch zu Zeiten Jugoslawiens so.

Seit Anfang der 90er Jahre existiert in Montenegro auch eine von der Gesamtorthodoxie aber nicht anerkannte Montenegrinisch-Orthodoxe Kirche. Seit Jahren erhebt sie Anspruch auf das kirchliche Vermögen im Land. Bisher besitzt sie nur zwei Kirchengebäude.

Etwa ein Drittel der Bürger Montenegros sehen sich als Serben. Anhänger der serbischen Kirche gibt es allerdings auch unter jenen Einwohnern des Adria-Staates, die sich als Montenegriner betrachten.