GERICHT

Teile von slowenischem Asylgesetz gekippt

Das slowenische Verfassungsgericht hat einige Verschärfungen im Asylrecht, die infolge der Flüchtlingskrise beschlossen wurden, gekippt. Ein umstrittener Artikel wurde aufgehoben, der es Slowenien bei einem neuen Flüchtlingszustrom erlauben würde, das Asylrecht auszusetzen und seine Grenzen für Asylsuchende dichtzumachen.

Das Verfassungsgericht erklärte die entsprechenden Bestimmungen des Artikel 10.b des Fremdengesetzes für verfassungswidrig. Sie verstießen gegen den verfassungsrechtlich geschützten Grundsatz des „non-refoulement“ (Nicht-Zurückweisung), hieß es in einer Mitteilung vom Montag. Die Höchstrichter trafen die Entscheidung mit acht zu einer Stimme.

Der nunmehr aufgehobenen Regelung zufolge konnte das Parlament beschließen, dass Slowenien überhaupt keine Asylanträge mehr annimmt, wenn die öffentliche Ordnung und innere Sicherheit durch einen Zustrom von Migranten gefährdet wäre. Die mit „besonderen Umständen“ begründete Maßnahme wäre auf zunächst sechs Monate begrenzt und konnte bei Bedarf verlängert werden.

Unter diesen besonderen Umständen würden Flüchtlinge an der Grenze abgewiesen, selbst wenn sie beabsichtigten, in Slowenien einen Asylantrag zu stellen. Flüchtlinge, die es dennoch ins Land schaffen, würden automatisch und ohne individuelle Prüfung ihrer Asylanträge in den benachbarten EU-Staat (in der Regel Kroatien) abgeschoben. Ausnahmen waren für kranke Flüchtlinge und unbegleitete Minderjährige vorgesehen.

„Grundlegende Menschenrechte beachten“

Die Regelung, die unter der Regierung des liberalen Ex-Premiers und jetzigen Außenministers Miro Cerar eingeführt wurde, sollte verhindern, dass Slowenien im Fall eines neuen Flüchtlingszustroms zur Sackgasse für Flüchtlinge auf der Balkanroute würde. „Das Gesetz würde zweifellos dieses Problem effektiv lösen. Aber eine effiziente Lösung von Krisensituationen, die durch Massenmigration entstehen können, entbindet den Staat nicht von seinen Pflichten, grundlegende Menschenrechte zu beachten“, schrieb die Verfassungsrichterin Špelca Mežnar in ihrer zustimmenden Stellungnahme zum Urteil.

Menschenrechtsorganisationen, der Europarat und das UNO-Flüchtlingshochkommissariat (UNHCR) hatten die Maßnahmen schon vor ihrem Beschluss scharf kritisiert. Trotzdem wurden sie im slowenischen Parlament im Jänner 2017 mit einer lagerübergreifenden Mehrheit von 47 gegen 18 Stimmen verabschiedet.

Ombudsfrau rief Verfassungsgericht an

Die damalige slowenische Ombudsfrau Vlasta Nussdorfer rief im April 2017 das Verfassungsgericht an. Ihr Nachfolger im Amt, Peter Svetina, begrüßte die Entscheidung des Höchstgerichts als eine willkommene Bestätigung von verfassungsrechtlicher und völkerrechtlicher Normen. „Als Rechtsstaat kann man sich davor nicht drücken, auch wenn einem das passend erscheint“, sagte Svetina.

Rechte Opposition empört

Äußerst kritisch reagierte hingegen Oppositionsführer Janez Janša auf die Aufhebung der Regelung. „Die linke Mehrheit im Verfassungsgerichtshof hat die Krisensicherung aus dem Fremdengesetz ausgerechnet in einer Zeit annulliert, in der uns wegen den Türken wieder ein Migrantenzustrom droht. Der Verrat und die slowenenfeindliche Politik der Linken nehmen kein Ende“, twitterte der Chef der rechtspopulistischen Slowenischen Demokratischen Partei (SDS). Sie setzt sich schon seit Jahren für eine noch strengere Flüchtlings- und Asylpolitik nach ungarischem Vorbild ein.