Vladimír Mlynár
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Politika

Volksgruppen | Forderungen von der künftigen Regierung

„Es ist eben schwer von einer Politik, die fast nur auf Druck reagiert, etwas zu verlangen. Natürlich wären jedoch unsere Forderungen historisch berechtigt. Die Komenský Schule ist eine Art Stephansdom der Kultur“, betont Karel Hanzl Volksgruppenbeiratsvorsitzender für Tschechen.

Sechs Minderheiten sind es, die in Österreich den Status einer anerkannten Volksgruppe erlangt haben. Damit steht ihnen ein Anspruch auf politische Vertretungsorgane und Unterstützung vom Bund und Land zu. Doch die im Gesetz verankerten Belange der Volksgruppen finden kaum Gehör in der derzeitigen Politik. Die kommenden Parlamentswahlen sind wieder ein Ansporn für die Akteure der Volksgruppenbühne, um sich unaufhörlich für dringende Anliegen einzusetzen.

Die burgenlandkroatische Band Coffeshock Company mit ihrem Song „Jetzt erst recht“ liefert einen heiteren Blick auf die politische Situation seit dem Öffentlichmachen der staatsschädigenden Absichten des FPÖ Chefs Strache.

Den Volksgruppen vergeht aber das Schmunzeln jedoch auch schnell wieder.

Die Gemüter der Vertreterinnen und Vertreter der tschechischen und slowakischen Volksgruppe reagieren schon lange mehr als nüchtern, bezüglich ihrer Hoffnung auf Gehör in den Reihen der Politiker/innen.

Karl Hanzl Schulverein Gymnasium Komenský Schützengasse
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Karel Hanzl

„Es ist eben schwer von einer Politik, die fast nur auf Druck reagiert, etwas zu verlangen. Natürlich wäre unsere Forderung historisch berechtigt. Die Komenský Schule ist eine Art Stephansdom der Kultur. Bislang haben wir aber nicht alles erreicht, was notwendig ist“, so Karel Hanzl Vorsitzender des Volksgruppenbeirats für Tschechen.

Der tschechisch-slowakische Komenský Schulverein in Wien verfügt heute über zwei Schulgebäude im dritten Wiener Gemeindebezirk. Über 600 Kinder und Jugendliche, betreut von 150 Pädagogen und Pädagoginnen, genießen hier multilinguale Bildung. Unterrichtet wird in Tschechisch-Slowakisch und Deutsch, vom Kindergarten bis zur Matura. Finanziert wird die Privatschule mit öffentlichkeitsrecht Großteils aus dem Volksgruppenbudget, Schulgeld und Spenden.

„Die Komenský Schule ist die Säule der österreichischen Volksgruppen. 2022 wird sie ihr 150. Jubiläum feiern. Es ist unbegreiflich für mich, dass unsere Regierung den Fortbestand dieser Schule nicht manifestieren will“, sagt der Volksgruppenbeiratsvorsitzene für Slowaken Vladimír Mlynár kopfschüttelnd.

Für ihn und Karel Hanzl ist die Komenský Schule in Wien ein einzigartiges Beispiel, wie ein reges Volksgruppenleben funktionieren kann. Leider kämpft die Schule von Jahr zu Jahr ohne gesicherte Finanzen, um ihr Überleben.

„Das Schulwesen kann sich keine Volksgruppe alleine leisten. Uns gelingt es in all den Jahren nur mit einem unwahrscheinlich großen Einsatz. Ich denke, unser Modell, zu dem wir uns nach 25 Jahren vorgearbeitet haben, ist das bestmögliche. Wir sind eine wirklich bilinguale Schule, tschechisch und slowakisch gleichermaßen stark präsent sind“, so Hanzl.

Vladimír Mlynár
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Vladimír Mlynár

Novellierung des Volksgruppengesetzes gescheitert, seit 2012 herrscht Stillstand

Seit der Verabschiedung des Volksgruppengesetzes 1976, in dem die Rechte auf den Erhalt der Kultur und Sprache der autochthonen Minderheiten festgelegt wurden, ist dieses den epochalen Anforderungen nicht immer gewachsen. Mit dieser Problematik kämpfen die Volksgruppen in vielerlei Hinsicht: „Seit 30 Jahren haben wir das gleiche Budget. Wenn man die Inflation bedenkt, ist es heute um 40-50% weniger, als wir damals zur Verfügung hatten“, bedauert Vladimír Mlynár.

2009, unter der Regierung von Bundeskanzler Werner Faymann, beschloss man mit den Beiräten der Volksgruppen, das in die Jahre gekommene Volksgruppengesetz zu novellieren. Das Ergebnis sollte modernen Standards des Volksgruppenrechts im Sinne des Europarates entsprechen.

Der so genannte „Ostermayer Entwurf“, benannt nach dem dafür verantwortlichen Staatssekretär, scheiterte.

Zehn Jahre nach Beginn einer Bemühung, die die damals ausgearbeiteten Forderungen der Volksgruppen nicht zur Genüge berücksichtigt hat, herrscht Stagnation, bemängelt der Volksgruppenbeiratsvorsitzender Mlynár:

„Seit der vorgesehenen Veränderung des Volksgruppengesetzes liegt von den Volksgruppen ein von Rechtsanwälten formuliertes Papier auf dem Tisch. Bereit zur Verwendung. Es würde nur genügen, es aus der Schublade zu holen und einzubinden. Doch wir bekamen im Parlament keine Möglichkeit, es an die Agenden der politischen Parteien zu bringen.“

„Baustelle Volksgruppenpolitik“…

… lautete der Aufschrei beim Presseauftritt vor den Nationalratswahlen 2017. Hier forderten alle Volksgruppen einmal mehr ein Minderheitenschulgesetz für Wien, das den Fortbestand ihrer Sprachen in der Großstadt sichern soll.

Als Vorsitzender des Schulvereins Komenský hatte Karel Hanzl schon damals einen ausgearbeiteten Gesetzesentwurf im Ärmel, dass den Fortbestand der Komenský Schulen in Wien sichern soll:

„Es geht um eine Ergänzung im Privatschulgesetz. In diesem Gesetz sind die Schulen religiöser Einrichtungen erwähnt. Wir haben auf Grundlage dieses Gesetzes einen Entwurf für die Schulen autochthoner Minderheiten ausgearbeitet. Dieses wäre, bei gutem Willen, auch im Parlament abzustimmen. Seit 2017 bewegt sich aber nichts“, erklärt der Vorsitzende.

ORF Sendungen in Volksgruppensprachen | „Weniger wäre schon nichts“ Karl Hanzl

Wie im Gesetz verankert, ist der ORF verpflichtet, ein mediales Angebot in den Sprachen der Volksgruppen anzubieten. Seit 2009 wird das Magazin Česke Ozvěny | Slovenské Ozveny lokal auf ORF 2 Wien ausgestrahlt. 25 gemeinsame Minuten sind es, die beiden Gruppen alle 2 Monate einmal zur Verfügung stehen.

„Einmal in zwei Monaten hat keine Kontinuität, es wird fast vergessen. Weniger wäre schon nichts. Soweit sind wir gerade“, so billanziert Hanzl die Situation und Vladimír Mlynár ergänzt:

„Die slowakische Volksgruppe ist nicht zufrieden mit dem Angebot im ORF. Wir haben ein gemeinsames Programm mit den Tschechen, was nicht schlecht ist, doch da wir eine eigenständige Volkgruppen sind, wäre es gerecht, wenn wir die doppelte Sendezeit hätten.“

Vladimir Mlynar
Yvonne Erdost

Mit den ausgefeilten Gesetzesvorlagen in den Schubladen bleibt es nun nur noch, auf einen frischen, positiven Wind in den neuen Parlamentsreihen nach September zu warten.

Das Bundeskanzleramt hat ihn, das Schulministerium hat ihn, auch in der Schublade.

Detailierte Ansichten der Volksgruppenbeiratsvorsitzenden zu diesen Themen hören sie in den Sendungen des slowaksichen Magazins Rádio Dia:tón am 19&26.8.2019 | jeweils 21:40 Uhr | Radio Burgenland.