Eduard Heger
Reuters/Ints Kalnins
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Politik

Slowakischer Premier Heger zurückgetreten

Der slowakische Ministerpräsident Eduard Heger hat am Sonntag seinen Rücktritt erklärt. „Nach Gesprächen mit meinen Kollegen, der Bewertung der politischen Realität und vor allem dessen, was am besten ist für die Slowakei, habe ich entschieden, dass es die von Konflikten traumatisierte Slowakei nicht verdient hat, dass die politische Krise auch nur einen einzigen weiteren Tag weitergeht“, erklärte Heger vor Journalisten in Bratislava.

Heger kam damit offenbar einer Entlassung durch Staatspräsidentin Zuzana Čaputová zuvor. Diese dürfte seine „alternativen Lösungen“ für die nach Ministerrücktritten entstandene Krise offenbar nicht akzeptiert haben. Darunter die Besetzung vakanter Kabinettsposten mit von ihr bestimmten Experten. Er habe auch die Alternative angeboten, die Regierung nicht mehr selbst zu führen, so Heger. Bleiben sollten nur die Minister, die für die Verteilung von Sozial-und Wirtschaftshilfe, den milliardenschweren EU-Aufbauplan und die Ukraine-Hilfe verantwortlich seien. Die Präsidentin habe abgelehnt.

„Ich habe daher beschlossen, die Präsidentin um die Entbindung von meiner Beauftragung zu ersuchen, und ihr somit Raum zu geben, um zu versuchen mit einer Expertenregierung stabil und in Ruhe die Slowakei zu demokratischen Parlamentswahlen zu führen,“ sagte Heger. Nun wird erwartet, dass Čaputová bis Dienstag ein Expertenkabinett ernennt, das das Land bis zu den Neuwahlen im September führen soll. Treffen der Präsidentin mit Heger und dem Parlamentspräsidenten Boris Kollar wurden für Sonntagnachmittag angesetzt. Laut Medienberichten sollte Ľudovít Ódor, derzeit Vize-Gouverneur der slowakischen Notenbank NBS, zum Nachfolger von Heger ernannt werden.

Erst am Freitag war Landwirtschaftsminister Samuel Vlčan wegen einer Korruptionsaffäre zurückgetreten. Überraschend warf dann auch Außenminister Rastislav Káčer das Handtuch. Káčer galt als enger Vertrauter Hegers und einer der Vorreiter der militärischen Unterstützung des von Russland angegriffenen Nachbarlandes Ukraine. Heger hatte sich erst im März von der führenden Parlamentspartei Olano losgesagt und eine eigene Partei gegründet. Bei den vorgezogenen Neuwahlen wird eine massive Stärkung des pro-russischen Lagers in der Slowakei erwartet, angeführt von der sozialdemokratischen Partei Smer (Richtung) des Ex-Premiers Róbert Fico.

Seit dem Vorjahr amtiert in der Slowakei nur noch eine Übergangsregierung, nachdem die europaskeptische liberale Partei SaS (Freiheit und Solidarität) die Mitte-Rechts-Regierung verlassen und um ihre Parlamentsmehrheit gebracht hat. Hintergrund war der Dauerkonflikt mit Olano-Chef Igor Matovič, dessen Demission als Regierungschef die SaS erzwungen hatte. Seit einem verlorenen Vertrauensvotum im Dezember war das Kabinett Heger nur noch kommissarisch im Amt.