Slowenien: Vorerst keine Anerkennung

Slowenien verfolgt die Unabhängigkeitsbewegung in Katalonien mit Sympathie, will die Loslösung der Region von Spanien aber vorerst nicht anerkennen. „Die Zeit dafür ist noch nicht gekommen“, sagte Ministerpräsident Miro Cerar am Montag in Ljubljana. Die Opposition fordert mehr Engagement Sloweniens für Katalonien.

Erjavec Kaiser skupni odbor Slovenija Koroška poročilo

orf

Aufruf zum Dialog

Außenminister Karl Erjavec sagte mit Blick auf das Referendumsergebnis, es sei „schwer zu sagen, was der Wunsch aller Menschen ist, die in Katalonien leben“. Schließlich hätten sich nur 42 Prozent der Menschen an dem Votum beteiligt. Es könnte durchaus sein, dass viele Katalanen weiterhin „unter der spanischen Krone“ leben wolle. Zugleich rief er Madrid und Barcelona zum Dialog auf. Wenn dieser Dialog nicht erfolgreich sei, könnte dies „dramatische Konsequenzen“ für ganz Europa haben, meinte Erjavec mit Blick auf das Baskenland, Schottland oder Norditalien.

Vergleiche zurückgewiesen

Erjavec wies auch Vergleiche zwischen Katalonien und Slowenien zurück. Das katalanische Referendum sei nämlich illegal gewesen, während Slowenien im Jahr 1990 von seinem in der jugoslawischen Verfassung verankerten Selbstbestimmungsrecht Gebrauch gemacht habe. Außerdem habe sich Slowenien damals von einem „undemokratischen Staat“, dem kommunistischen Jugoslawien, losgesagt.

Die Regierung von Ministerpräsident Miro Cerar steht unter massivem Druck der Opposition, die mehr Engagement Sloweniens für Katalonien fordert.

Dimitrij Rupel upokojitev

siol.net

Internationale Beobachtermission

Der Wunsch Kataloniens nach Unabhängigkeit wird in Slowenien von Politikern quer durch das politische Spektrum unterstützt. Der konservative Ex-Außenminister Dimitrij Rupel leitete eine internationale Beobachtermission beim Referendum, das von Spanien als illegal abgelehnt und mit massiver Polizeigewalt gegen Stimmbürger bekämpft wurde. Rupel sagte, die Unabhängigkeit Kataloniens sei nicht mehr aufzuhalten.

Dimitrij Rupel war zum Zeitpunkt der slowenischen Unabhängigwerdung Anfang der 1990er Jahre Außenminister der damaligen jugoslawischen Teilrepublik, die sich einseitig von Belgrad losgesagt hatte. Damals kämpfte er zunächst in aussichtsloser Position um die Anerkennung Sloweniens durch die internationale Staatengemeinschaft.

Rupel brachte angesichts der Eskalation zwischen Madrid und Barcelona eine EU-Vermittlung nach dem Beispiel der „Troika“ während des Zerfalls Jugoslawiens Anfang der 1990er Jahre ins Spiel. „Wenn es keinen Dialog und keine vernünftige Vermittlung gibt, könnte die Situation noch verfahrener werden“, sagte Rupel der slowenischen Nachrichtenagentur STA.

EU-Vermittlung wie am Balkan gefordert

Rupel, der eine internationale Beobachtermission beim Referendum leitete, beschrieb die Lage in Barcelona am Montag als „relativ normal“. Das Leben gehe weiter, doch sei das Votum „definitiv ein Umbruch“ gewesen. „Nichts wird mehr so sein, wie es wahr“, sagte er. Madrid werde das Referendum nicht ignorieren können, und Barcelona werde nicht zurückweichen, betonte der konservative Politiker.

„Viele Herzen für Katalanen“

Die Vorgänge in Katalonien erinnern viele Slowenen an ihren eigenen Unabhängigkeitskampf. Staatspräsident Borut Pahor sagte am Sonntag, dass in Slowenien „viele, viele Herzen“ für die Katalanen schlagen. Als Staatspräsident müsse er zurückhaltend sein, um nicht den Eindruck zu erwecken, dass er sich in die inneren Angelegenheiten anderer Staaten einmische, sagte Pahor. „Aber ich glaube, dass es auch richtig ist, dass wir Slowenien über das Recht auf Selbstbestimmung zu unserer Unabhängigkeit gekommen sind, und dass auch andere solche Träume haben.“ Vor der spanischen Botschaft in Ljubljana kam es zu Protesten.

Das Verhältnis zwischen den beiden Konfliktparteien sei „ähnlich gespannt wie unsere damaligen Beziehungen mit Belgrad“, erinnerte der erste slowenische Außenminister an die Loslösung Sloweniens von Jugoslawien Anfang der 1990er Jahre. Damals hatte eine Troika aus drei EG-Außenministern zwischen Slowenien und Jugoslawien vermittelt. Dem katalanischen Regionalpräsidenten Carles Puigdemont empfahl Rupel, „das Referendumsergebnis in ernsthafte Gespräche mit der Zentralregierung zu investieren“. Barcelona habe nämlich mit dem Referendum ein „Kapital“, auf dem es in Richtung einer friedlichen Lösung aufbauen könne.

„Am besorgniserregendsten ist, dass die internationale Öffentlichkeit etwas abgestumpft beziehungsweise taub ist“, sagte Rupel. Die Gewalt der spanischen Polizei habe die Überzeugung der Katalanen noch zusätzlich gefestigt. „Die Sache ist irreversibel, die Katalanen werden sich nicht mehr beruhigen, und man wird in der Zukunft akzeptable Lösungen finden.“

Serbien bekräftigt Unterstützung für Spanien

Serbiens Ministerpräsidentin Ana Brnabić hingegen bekräftigte am Montag die Unterstützung Belgrads für Madrid. Serbien achte die Gebietseinheit und Souveränität Spaniens, erklärte Brnabić laut Belgrader Medienberichten nach dem umstrittenen katalanischen Unabhängigkeitsreferendum.

Ana Brnabić Serbien

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„Spanien war mit uns, als es schwierig war“, meinte ferner Brnabić in Anspielung auf die einseitige Unabhängigkeitserklärung des Kosovo von Serbien im Februar 2008. Sie wünsche, dass man die Standpunkte der Freunde achte, betonte die Regierungschefin. Ähnlich hatte sich zuvor auch Außenminister Ivica Dačić geäußert.

- Meldung in slowenischer Sprache
- Siehe Meldung vom 02.10.2017