Katalonien „ausgepresst wie eine Zitrone“

Südtirols Landeshauptmann Arno Kompatscher (SVP) will keine Parallelen zwischen Katalonien und Südtirol ziehen. Schließlich werde die nordostspanische Region vom Zentralstaat „ausgepresst wie eine Zitrone“, sagte er. Das geplante Referendum sei daher gewissermaßen ein „Hilferuf nach einer vernünftigen Autonomie“.

Beide Seiten, sowohl die Katalanen als auch der spanische Staat, befänden sich derzeit in einer „Sackgasse“, diagnostizierte der Landeschef Südtirols in einem Interview mit der Austria Presse Agentur (APA). Vor allem daran liege das daran, dass man bisher nicht in der Lage war, vernünftige Verhandlungen über die Umsetzung der katalanischen Autonomie zu führen, erklärte Kompatscher: „Diese existiert nur auf dem Papier und Katalonien wird ausgepresst wie eine Zitrone“. Dies habe zur Folge, dass man den Weg nicht mehr gehen könne und wolle, so der Landeshauptmann, der hofft, dass es nicht zur Eskalation kommt.

Zudem gab Kompatscher zu bedenken, dass Sezession kein einklagbares Recht sei: „Die internationale Staatengemeinschaft kennt kein einklagbares Recht auf Sezession“. Diese sei immer eine Folge von Konflikten, Auseinandersetzungen oder aber Verträgen. Die derzeitige Entwicklung sei jedenfalls ein „gefährlicher Weg“.

Der Unterschied zu Südtirol liege jedenfalls darin, dass es für die katalanische Autonomie keine völkerrechtliche Grundlage gebe, argumentierte Kompatscher: „Spanien muss sich im Gegensatz zu Italien nicht an die Abmachungen halten. Und die Katalanen haben kein Österreich dahinter“. Vorwiegend sei es ein ökonomisches Problem, so Kompatscher: „Katalonien ist der Steuerlieferant Spaniens“. Daher sei nachvollziehbar, dass die Katalanen mit dem Status quo nicht einverstanden sind.

Südtirols Autonomie könne nicht nur in puncto Steuereinnahmen als Referenz herhalten. Dies sei aber ein zentraler Bereich, denn „ohne Finanzautonomie keine Autonomie“, betonte Kompatscher der diesbezüglich das Finanzabkommen mit Rom ins Treffen führte. „Früher hat Rom einseitig in die Kassa gegriffen“. Jetzt würde Südtirol die Steuereinnahmen selbst verwalten. „90 Prozent gehören uns und zehn Prozent bekommt Rom für jene Leistungen, die der Staat in Südtirol erbringt“. Zudem habe man diese Finanzregelung erstmals auf bilaterale Ebene gehoben. Überhaupt gelte das Prinzip, dass Südtirol immer eine Angelegenheit des Völkerrechts bleibt. Und dies sei einer der zentralen Unterschiede zur Autonomie Kataloniens.

Die international verankerte Autonomie Südtirols gilt als modellhaft. Sie wurzelt im 1946 von den damaligen Außenministern Österreichs und Italiens, Karl Gruber und Alcide De Gasperi, unterfertigten „Pariser Vertrag“, indem sie völkerrechtlich verbrieft wurde, und dem zweiten Autonomiestatut. Letzteres trat 1972 in Kraft, die Umsetzung wesentlicher Punkte dauerte jedoch weitere 20 Jahre.

Die katalanische Regionalregierung hat für den 1. Oktober eine Volksabstimmung über die Unabhängigkeit von Spanien angesetzt und gerät zunehmend unter Druck der Regierung in Madrid. Die nordostspanische Region, die 7,5 Millionen Einwohner zählt, hat ihre eigene Sprache. Sie ist etwa so groß wie Belgien und kommt für etwa ein Fünftel der spanischen Wirtschaftsleistung auf.

Siehe Meldung vom 20.09.2017