Schiedsspruch scheint keine Lösung zu bringen

Der bevorstehende Schiedsspruch zum Verlauf der See- und Landgrenze zwischen Slowenien und Kroatien, der am 29. Juni verkündet wird, scheint kein Ende des langjährigen Grenzstreits zu bringen. Kroatien fühlt sich an das Urteil des internationalen Schiedsgerichts nicht gebunden.

Ungeachtet des Ausgangs erwarten kroatische Zeitungen in ihren Kommentaren eine Zuspitzung der bilateralen Beziehungen. Neue Zwischenfälle in der Adriabucht von Piran, wo die Seegrenze der größte Streitpunkt ist, werden nicht ausgeschlossen. Slowenische Kommentare mahnen unterdessen, dass Zwischenfälle ein schlechtes Signal für die gesamte Region bedeuten würden.

Die Reaktionen auf die angekündigte Veröffentlichung des Schiedsspruchs waren vorhersehbar, die beiden Seiten beharren nämlich seit längerer Zeit auf ihren Positionen: „Kroatien wird in keiner Weise an das Urteil gebunden sein“, sagte der kroatische Premier Andrej Plenković am Montag. Er bezog sich dabei auf den Beschluss des kroatischen Parlaments vom Juli 2015, mit dem Kroatien aus dem Schiedsverfahren ausgestiegen war.

Kroatien: „Schiedsverfahren ist kompromittiert“

Für Zagreb ist die Lösung durch das Schiedsgericht passe: „Das Schiedsverfahren ist kompromittiert. Für uns endete das Verfahren mit der Entscheidung des Parlaments“, sagte der neulich zurückgetretene Außenminister Davor Ivo Stier. Auch seine Nachfolgerin, Marija Pejčinović Burić, die am Montag vom Parlament im Amt bestätigt wurde, betonte, dass das Verfahren formell und rechtlich vorbei sei. „Laut unserer Verfassung entschiedet das Parlament über die Grenzen. Für uns gibt es keinen Zweifel, dass das Verfahren beendet ist“, sagte sie.

Kroatien zog sich aus dem Verfahren zurück, nachdem eine Abhöraffäre unerlaubte Abmachungen zwischen dem slowenischen Schiedsrichter und der slowenischen Seite aufdeckte. Das Schiedsgericht setzte die Arbeit in einer veränderten Zusammensetzung trotzdem fort. Seitdem pocht Zagreb auf eine bilaterale Lösung. Ljubljana lehnt das mit der Begründung, dass bilaterale Grenzabkommen bereits in der Vergangenheit scheiterten, ab.

In Slowenien wird der Schiedsspruch, der vor allem die umstrittene Seegrenze in der Adriabucht von Piran festlegt und über den Kontakt Sloweniens mit internationalen Gewässern entschieden soll, als historische Entscheidung erwartet.

Slowenien will Entscheidung respektieren

„Slowenien wird die Entscheidung des Schiedsgerichts respektieren“, kündigte Premier Miro Cerar am Montag an. Selbiges erwarte man auch von Kroatien. „Ich kann mir schwer vorstellen, dass ein EU- und NATO-Mitglied im Widerspruch zu seinen Verpflichtungen, internationalem Recht und dem Schiedsspruch handeln wird“, betonte der slowenische Außenminister Karl Erjavec.

Nach Worten des slowenischen Präsident Borut Pahor, der 2009 als Regierungschef das Schiedsabkommen geschlossen hatte, gibt es „keine Alternative“ zu der Festlegung der Grenze durch das Schiedsgericht. Mit Blick auf den langjährigen Grenzstreit betonte Pahor, dass die beiden Länder entweder das Urteil akzeptieren und weitergehen oder aber weiterhin nach kurzfristigen Lösungen suchen können, die das Leben über Generationen hinweg erschweren würden.

Der Grenzverlauf zwischen den beiden früheren jugoslawischen Teilrepubliken ist seit ihrer Unabhängigkeitserklärung im Juni 1991 umstritten. Der größte Streitpunkt ist Seegrenze in der Adriabucht von Piran, die im gemeinsamen Staat überhaupt nicht festgelegt war. Das Schiedsgericht hat nicht nur die Aufgabe die Seegrenze festzulegen, sondern auch die gesamte, 670 Kilometer lange Landgrenze, wo es ebenfalls einige strittige Punkte gibt.

Siehe Meldung vom 20.06.2017