Orechov dvor | Hoffnung und Freude zu Weihnachten

Dass Weihnachten ein Fest der Erwartung, Barmherzigkeit und Hoffnung ist, soll auch heute Abend in unserem slowakischen Volksgruppenmagazin nicht untergehen. So widmet es sich einem Thema, das diese wertvollen Gemütszustände an einem solch besonderen Abend auch für sie lebendig machen möchte.

On demand | Rádio Da:tón | 24.12.2018

Es geht um Menschen, die Hilfe anbieten und auch Menschen, die sie gerne annehmen.

Siedlung "Orechov dvor" bei Nitra

yvonne erdost

Ich stehe an der Endstation einer Autobuslinie, deren Nummer für einen Außenstehenden unerkenntlich ist, im slowakischen Nitra, einer Stadt ungefähr 40 Minuten von der Landeshauptstadt Bratislava entfernt. Hinter der Haltestelle türmen sich Autoverkaufshäuser entlang der Stadtgrenze, vor ihr liegen die Weiten der Felder. Nur beim genauen Hinsehen erheben sich am Horizont in erreichbarer Entfernung Umrisse weißer Gebäude. Es ist „Orechov dvor | der Nussgarten", eine kleine Siedlung, in die im Jahr 2004 Menschen aus der Stadt Nitra angesiedelt wurden, weil sie entweder ihre Miete nicht zahlen konnten, oder aus anderen Gründen als sozial hilfsbedürftig, oder als schwer anpassungsfähig an die Gesellschaftsstrukturen galten. Es seien damals zu 60% Nicht-Roma und zu 40% Roma gewesen, die sich hier ansiedeln mussten, erzählt Martin Paška, Leiter des heute dort ansässigen Kommunalzentrums.

René Lužica, Lektor der Universität in Nitra war es, der mich mit dieser Institution vertraut machte, als ich ihn um Hilfe bei der Suche nach einem geeigneten Ort bat, dem wir als ORF Volksgruppenredaktion regelmäßig charitative Spenden zukommen lassen könnten.

Spenden für Siedlung "Orechov dvor" bei Nitra

yvonne erdost

Etwa 300 Menschen leben hier am Rande von Nitra, in den vier vor einigen Jahren errichteten dreistöckigen Plattenbauten. Geheizt wird mit Kohle, als „Dankeschön“ für die Familien, die regelmäßig ihre Stromrechnungen zahlen, gibt es vom Kommunalzentrum auch schon mal eine Waschmaschine, oder einen Staubsauger gratis.

Genau mit dieser Absicht bin ich heute, es sind noch einige Wochen bis Weihnachten, hier. Denn die Gegenstände, die den Menschen in Orechov dvor zur Verfügung gestellt werden, sind Großteils Spenden. Gemeinsam mit lieben Menschen aus meiner Ortschaft im Burgenland, Novo Selo, nahe der Slowakischen Grenze und unserer ORF Volksgruppenredaktion sammeln wir rechtzeitig vor dem Heiligen Abend einige Dinge zusammen. Außer zahlreichen Spielsachen ist der ORF Bus voll mit schön sortiertem Gewand, Schuhen, Kinderbetten, Heizstrahlern, Computern, oder Staubsaugern. Martin Paška vom Kommunalzentrum Orechov dvor freut sich über diese Kooperation zwischen der ORF Volksgruppenredaktion und der Siedlung und betont, dass sie sich besonders über Kinderfahrräder freuen würden, denn: „Wissen sie, die bekommen die Kinder als Belohnung, wenn sie regelmäßig die Schule besuchen“, so Paška.

Spenden für Siedlung "Orechov dvor" bei Nitra

yvonne erdost

Hören sie eine Sendung, in der der Sozialarbeiter Martin Paška über die in der Siedlung Orechov dvor entstandene, zunächst charitative, dann auch Hilfe der Stadt Nitra für Menschen, die in den Ritzen der gesellschaftlichen Strukturen stecken, spricht.

Rádio Dia:tón | Montag, 24.12.2018 | 21:40 Uhr | Radio Burgenland | livestream

Seit einigen Jahren stehen in der Siedlung neue Containergebäude. Das eine ist eine Schule, die als Vorschulklasse geführt wird. Hier werden Kinder vor der regulären Einschulung schon auf die Schulzeit vorbereitet, mit dem Fokus auf das Erlernen einer Regelmäßigkeit und Hygiene im Alltag. Eine Nonne und eine Grundschullehrerin begleiten die 5-7 jährigen hier bis zu 4 Stunden am Tag. In der Räumlichkeit neben der Schulklasse ist ein Mutter-Kind Zentrum. Eine geistige Schwester steht hier den Müttern immer vormittags mit Rat und Tat zur Seite. Gemeinsam wird gekocht, manchmal auch die eine oder andere Sorge besprochen. Die Gewalt an Frauen sei hier stark präsent, erfahre ich. Mit ausgewähltem Spielzeug sollen hier schon die Kleinsten den Umgang mit Haushaltsgeräten lernen, erklärt die immer lächelnde Nonne, die ursprünglich aus Indonesien stammt, wie sie verrät. Es seien die Kinder, deren Glück, weshalb sie sich seit Jahren hingebungsvoll um die Mütter kümmert. Gleich um die Ecke im Erdgeschoß eines mehrstöckigen Containergebäudes ist ein Kindergarten untergebracht. Es sei schwer, erklärt der Kommunalarbeiter, die Eltern zu motivieren, morgens aufzustehen, um ihre Kinder in die Schule zu schicken. So müssen er und sein Team immer neue Methoden finden, um das Interesse der Kinder am Unterricht aufrecht zu erhalten.

Spenden für Siedlung "Orechov dvor" bei Nitra

yvonne erdost

Nachdem wir die Sachspenden in ein kleines aus Wellblech zusammengebautes Lager abgeladen haben, nimmt mich Martin Paška noch auf einen kurzen Spaziergang durch die Siedlung mit und erzählt: Er und seine Mitarbeiterinnen sind fünf mal in der Woche in Orechov dvor, helfen den Menschen hier wo immer sie es brauchen und wollen. „Wir helfen ihnen Arbeit zu suchen, Bewerbungsschreiben zu formulieren, Ansuchen zu schreiben, wir borgen ihnen Kinderwagen aus, wenn sie mit ihrem Kind zum Arzt müssen, oder finden gar einen Arzt in der Nähe. Wir helfen einfach wo es geht und glauben sie mir, es gibt keinen Tag, an dem wir verschnaufen würden“, so Paška.

Siedlung "Orechov dvor" bei Nitra

yvonne erdost

Fünf Kinder hüpfen fröhlich um uns herum, während wir in der Siedlung sind. Sie können nicht zur Schule versichern sie vor Paška, denn einer von ihnen sei krank, einer habe Beinschmerzen und die anderen drei lächeln nur seelig. Sie und ihre Familien müssen, wenn sie in die Stadt, zur Schule, oder in die Arbeit, zum Arzt etc. wollen, etwa 20 Minuten zu Fuß die Feldstraßen überqueren, um die Bushaltestelle zu erreichen. “Hier ist es immer etwa drei Grad kühler als in der Stadt“, sagt der Sozialarbeiter, als ich mich vor dem eisigen Wind der winterlichen Tage mit meiner Kapuze zu schützen versuche.

Spenden für Siedlung "Orechov dvor" bei Nitra

yvonne erdost

Ich fahre mit dem ORF Bus die schlammig eisige Strecke zurück zur Haltestelle. Vorbei an überfüllten Mülltonnen, im Feld liegenden Autositzen und Rädern. Kurz bevor ich die Bushaltestelle wieder überquere, um mich auf den Rückweg nach Österreich zu machen, halte ich nochmal an. Ich steige aus und blicke in die Ferne. In die Richtung, aus der ich eben gekommen bin. Die weißen Gebäude stehen still im Schoße der winterlichen Felder. Ich schicke einen leisen Wunsch in diese Ferne: „Möge es den Menschen hier gut gehen.“

Siedlung "Orechov dvor" bei Nitra

yvonne erdost

In drei Monaten werde ich wieder in das ORF Auto steigen und mit Dingen, die liebevolle Menschen aus Österreich entbehren konnten, die Siedlung am Rande der Stadt Nitra gerne beschenken.

In diesem Sinne, frohe Weihnachten.

Nádej a milosrdenstvo na Vianoce

Link

Kommunalzentrum Orechov dvor

Yvonne Erdost | ORF Volksgruppenredaktion