„Glücksmuster“ öffnen neue Wege im Umgang mit Vorurteilen
On demand | Roma sam | 10.7.2017
Werke von Robert Gabris | Photo: ORF Strujić
Das Volkskundemuseum Wien setzt noch bis 24. September Zeichen gegen Stereotype rund um die Roma Volksgruppe in der Slowakei, mit „Millionaires of time“ zeigt es eine audiovisuelle Ausstellung mit Lebensgeschichten von Menschen, die in der ostslowakischen Stadt Košice leben.
Roma sam | 10.7.2017 | um 20:50 Uhr | Radio Burgenland | livestream
Vor Wien gastierte diese Wanderausstellung in Bratislava. Dort leitete der Wiener slowakische Künstler Robert Gabris Jugendworkshops zum Thema Stereotype im Bezug auf die Roma Minderheit in der Slowakei. Da die Gedanken zu den einzelnen Schicksalen der porträtierten Menschen in „Millionaires of time“ stets in ihm rumorten, entstand die nun als Ausstellungs- Add- On im Volkskundemuseum platzierte Werkesammlung des Meisters des Kupferstiches Gabris, mit Einbezug der künstlerisch darstellenden Präzision seiner Kollegin und Freundin Amelie Brandstetter.
Werke von Robert Gabris | Photo: ORF Strujić
Ausbruch aus der Isolation wichtig
„Ich muss sagen, das wichtigste für mich war, das mit einer Nicht-Romni zu machen und mit jemanden, der sozial politische Kunst gut versteht, aber nicht unbedingt in der Minderheitenpolitik drinnen ist. Das kommt von meiner Erfahrung, dass Roma unter sich verschiedene Projekte machen wollen, aber alle anderen ausgrenzen. Meine Idee war, aus dieser Isolation auszubrechen und jemanden von außen dazuzuholen“, denn eine Außenposition sei genau so wichtig, wie die Innenposition dieser sozialpolitischen Problematik im Roma Kontext, betont Gabris.
Werke von Robert Gabris | Photo: ORF Strujić
Genaueres Hinsehen als Ziel der Ausstellung
Amelie Brandstetter ist Kunstschaffende in Wien und arbeitet gerade an ihrem Kunstprojekt „World citizens“, in dem sie Lebens- und Sozialpositionen darstellen möchte. Die Werke von Robert Gabris gastierten bereits auf Ausstellungen weltweit.
„Wir sind jung, wir wollen experimentieren, wir wollen innovativ sein. Wir beide lernen, wir wollen ausstellen und sichtbar sein.“ (Gabris und Brandstetter)
Seine sozialpolitischen Botschaften beziehen sich sowohl auf die Roma Thematik, die Gabris Leben von Kindheit an begleitet, als auch richtet sich sein sensibles Augenmerk darauf, wie Menschen mit Vorurteilen umgehen und vielleicht umgehen sollten. Dass Gabris Amelie Brandstetter als Kuratorin mit an Board holte, sei ein wunderbares Symbol für Inklusion und Exklusion in deren Zusammenarbeit, hebt das Kunstduo hervor.
Die Message der Ausstellung sei es, genauer hinzuschauen, ob im Bezug auf die Roma Thematik, oder auch auf andere Dinge, wie den allgemeinen Umgang mit Vorurteilen. Alles mit dem großen Ziel, auf Gemeinsamkeiten hinzuweisen, auf Unterschiede neugierig zuzugehen und von ihnen zu lernen.
Ein Spiegel, mittig positioniert, soll die Besucher des Volkskundemuseums in den letzten Raum des Museums zur interaktiven Ausstellung „Glücksmuster“ locken und symbolisiere auch, dass alles Ansichtssache ist, so der Künstler Gabris. Die Perspektive des Betrachters sei es, die das Folgeverhalten beeinflusse, fügt Brandstetter hinzu.
Werke von Robert Gabris | Photo: ORF Strujić
„Die Slowaken sind davon überzeugt, dass Roma nicht Slowaken sind. Das Blut ist ein Symbol von Ethnizität und das Brot ein Symbol von Nationalität. Ich, als junger Künstler, zeichne mit meinem eigenen Blut. Durch diese Aggression möchte ich die Wut und die Ernsthaftigkeit dieser Problematik ans Licht bringen“, erzählt Gabris im Interview für Roma sam. Für ihn sei es bedeutend, diese Ausstellung auch in der Slowakei zu zeigen, damit die Slowaken erfahren, was ein slowakischer Rom davon hält, Kotleba zu wählen.
Bilder von Robert Gabris | Photo: ORF Strujić
Blut sei laut Gabris ein Symbol von Schmerz und Tod und der Geschichte der Roma.
Bilder von Robert Gabris | Photo: ORF Strujić
So schmerzhaft unterschiedliche Ethnizitäten und Herkunft auch oft mit Diskriminierung verbunden sind, sollte die Ausstellung dennoch den Namen „Glücksmuster“ tragen. Schwarze Boxen seien es, in die sich Migranten mit ihren Hoffnungen und Träumen in ihrem Ankunftsland oft gedrängt fühlen. Ihre Formulierungen von ihren Vorstellungen eines optimalen Lebens gab Robert Gabris eine Form. Quadratisch, bunt, auf schwarzem Hintergrund, der die „Boxen“ der Migranten symbolisieren soll. Auch diese „schwarzen Boxen“, unter anderem im hintersten Raum, warten auf Besucher/innen, die Konfrontationen mit der Beschaffenheit der Gesellschaft nicht meiden wollen, gemeinsam mit dem Spiegel, einem Koffer voller slowakischer „Rožky | längliche Weißbrotsemmeln“ und ihren mit Blut gezeichneten Bildnissen.
Die Ausstellung „Glücksmuster“ ist noch bis 24. September 2017 im Wiener Volkskundemuseum zu sehen.
Yvonne Strujić, ORF Volksgruppenredaktion Wien
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