Šarec zwang Favoriten in Stichwahl

David gegen Goliath auf Slowenisch: Ein Lokalpolitiker ohne Parteiapparat hat „Superstar“ Borut Pahor bei der slowenischen Präsidentenwahlin die Stichwahl gezwungen. Marjan Šarec ist zwar seit sieben Jahren Bürgermeister der Stadt Kamnik, die meisten Slowenen kannten ihn bisher nur als Politikerimitator.

Nun will das Original dem Dauerlächler im Präsidentenpalast das Amt abjagen. „Das ist ein gutes Resultat. Das ist mehr als alle Parlamentsparteien zusammen erreichten“, kommentierte Šarec am Wahlabend seine fast 25 Prozent und kündigte gleich einen „harten Kampf bis zum Äußersten“ um den Sieg in der Stichwahl an. Zu verlieren hat Šarec nichts. „Für mich kann es keine Niederlage geben, weil ich bisher nicht in der nationalen Politik war und jeglicher Unterstützung, die ich bekomme, ein Erfolg ist“, sagte er bei der Stimmabgabe.

Viele Experten erwarten, dass Šarec im kommenden Jahr auch bei der Parlamentswahl antreten wird. Derartige Ambitionen bestreitet er nicht. Beobachter schließen auch nicht aus, dass der Lokalpolitiker bei einer entsprechenden Dynamik sogar einen Überraschungssieg landen könnte. Pahor selbst hat am Wahltag nämlich darauf hingewiesen, dass es in Slowenien schon 20 Jahre her ist, dass ein Staatspräsident für eine zweite Mandatsperiode bestätigt wurde. Er selbst jagte vor fünf Jahren den damaligen Amtsinhaber Danilo Türk mit einem Erdrutschsieg davon.

Seriöser Ex-Comedian

Als Schauspieler mit Diplom der slowenischen Schauspielakademie imitierte Šarec in Satiresendungen in Fernsehen und Radio Politiker wie die früheren Präsidenten Janez Drnovšek und Danilo Türk, Außenminister Karel Erjavec und vor allem Oppositionsführer und Ex-Premier Janez Janša. Pahor gehörte nicht zu seinem Repertoire. Noch legendärer sind seine Auftritte als Ivan Serpentinšek. Die Kunstfigur stellt einen hemdsärmeligen Slowenen vom Land dar, der sich kein Blatt vor den Mund nimmt.

Als Politiker setzt Šarec auf Seriosität. „Die Funktion des Präsidenten liegt nicht darin, die Menschen zu amüsieren“, mahnte er in einem Interview für die Tageszeitung „Delo“. Die Kritik zielt direkt auf den Amtsinhaber, der sich immer wieder in gefälligen Posen inszeniert und während seines ersten Wahlkampfes im Jahr 2012 den Otto Normalverbraucher so zu imitieren schien wie Šarec früher die Politprominenz.

Die Schauspielkarriere gab Šarec 2010 auf, als er als unabhängiger Kandidat mit Unterstützung des langjährigen Bürgermeisters der Stadt Kamnik, Tone Smolnikar, zum neuen Oberhaupt der nordslowenischen Gemeinde gewählt wurde. Im Jahr 2014 wurde er mit 63,8 Prozent im Amt bestätigt.

In der Wahlkampagne um das Präsidentenamt warb Šarec mit Worten wie „Verantwortung“, „Ordnungsliebe“ und „Professionalität“. Seine Bekanntheit ist sicher einer der Gründe, warum Šarec in der Wahlkampagne schnell Fuß fassen konnte. Politische Fehltritte hat er sich nicht erlaubt. In TV-Debatten machte er mit konzisen und durchdachten Standpunkten auf sich aufmerksam.

Marjan Šarec predsedniške volitve

sta.si

Vor allem konnte Šarec aber als authentische Variante des Amtsinhabers punkten, der nach zwei Jahrzehnten als Berufspolitiker begonnen hatte, offensiv den Normalbürger zu geben. „Wenn Borut Pahor in der Wahlkampagne einen Feuerwehrmann spielt, dann ist Šarec wirklich einer“, sagte der Kommunikationsexperte Janez Rakušček. „Er ist ein Familienmensch und gibt zu, gläubig zu sein. All das, was bei Pahor manchmal künstlich und vorgespielt erscheint, ist bei Marjan Šarec die Wahrheit und ein Teil seines Lebens.“

Mit Pahor gemeinsam hat Šarec, dass er sich politisch nur schwer fassen lässt. Er beschreibt sich als Mittepolitiker „mit einer leichten Schlagseite nach links“, ist aber auch Kirchenbesucher. Die politische Rechte sieht den Newcomer argwöhnisch. Sie unterstellt ihm, eine Marionette ihres Gottseibeiuns, des postkommunistischen Ex-Präsidenten Milan Kučan, zu sein, was Šarec dementiert. So mancher Beobachter sieht in Šarec schon einen möglichen Ministerpräsidentenkandidaten für die Parlamentswahl im kommenden Juli. Die letzten beiden Urnengänge hatten nämlich auch politische Quereinsteiger gewonnen.

- Siehe Meldung vom Tag: Borut Pahor
- Siehe Meldung vom 23.10.2017