Pahor muss wieder kämpfen

Aus dem Zweckpessimismus ist Realität geworden. Obwohl ihm Umfragen eine klare absolute Mehrheit gegen das mit politischen Leichtgewichten durchsetzte Herausfordererfeld vorhersagten, sprach der slowenische Präsident Borut Pahor immer von einer Stichwahl. Nun hat er sie bekommen.

Mit für ihn enttäuschenden 47 Prozent im ersten Wahlgang ist klar: Sloweniens oberster Sunnyboy muss wieder einmal kämpfen. „Ich glaube, dass ich diese Wahl gewinnen werde, aber wir werden uns, wie das im Leben so üblich ist, bis zum Schluss bemühen müssen“, sagte Pahor am Sonntagabend vor seinen Anhängern in Ljubljana.

Tatsächlich muss der haushohe Favorit nun eine mögliche Negativspirale abfangen, die schon seinem Vorgänger Danilo Türk zum Verhängnis geworden war. Vor fünf Jahren blieb er - ebenso bei historisch niedriger Wahlbeteiligung - gegen seinen Herausforderer Pahor hinter den Erwartungen, und wurde dann in der Stichwahl mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit vom nunmehrigen Amtsinhaber besiegt.

Vor allem bekommt es Pahor in der Stichwahl mit einem Herausforderer zu tun, der sowohl den Wunsch vieler Slowenen nach politischem Wandel als auch jenen nach mehr Seriosität im Präsidentenpalast verkörpert. Pahor hatte es nämlich nach Ansicht vieler Slowenen in seiner ersten Amtszeit mit der Leutseligkeit etwas übertrieben.

Borut Pahor predsedniške volitve

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In den vergangenen fünf Jahren kultivierte Pahor das Bild eines Populisten ohne nationalistische oder fremdenfeindliche Untertöne. Das Amt des Staatspräsidenten machte er zur Show, wobei ihm die Medien unkritisch und sogar begeistert assistierten. Als „Instagram-Präsident“ machte er auch international Schlagzeilen. Was für Donald Trump Twitter ist, ist für Pahor sein Instagram-Account mit fast 43.000 Followern.

Den meisten Wählern gefiel es. Pahor war beständig der beliebteste Politiker im Land. Die Slowenen bezeichnen ihn als nett (37 Prozent), respektvoll (34 Prozent) und amüsant (32 Prozent), wie eine Umfrage zeigte. Als einen Mann der Tat sehen ihm hingegen nur 12 Prozent der Befragten.

Die Kritiker werfen Pahor vor, durch seinen Stil das Präsidentenamt trivialisiert zu haben. „Er ist das schlimmste, was der slowenischen Politik geschehen ist. Er hat es geschafft, die Politik zu depolitisieren“, meint der Politikexperte Vlado Miheljak. Eine Gruppe angesehener Intellektueller warf ihm im Wahlkampfendspurt in einem offenen Brief vor, das Amt des Präsidenten entwertet und sinnentleert zu haben. Sowohl der legendäre postkommunistische Präsident Milan Kučan als auch der konservative Oppositionsführer Janez Janša schossen sich auf Pahor ein.

So offensiv er bei Form und Vermittlung auftritt, so zurückhaltend gibt er sich bei politischen Inhalten. Tatsächlich schaffte er es, bei den wichtigsten Streitfragen eine neutrale oder gar keine Position einzunehmen. Pahor selbst betont, „politisch unvoreingenommen“ zu sein. Er wolle sich nur zu Wort melden, „wenn ich helfen kann, anstatt mit meinen Positionen Konflikte zu vertiefen“. Als Präsident wolle er keine moralische Autorität sein, sondern das Land verbinden.

„Ich bin ein Marathonläufer“

„Ich bin ein Marathonläufer, auch vom Charakter her“, kommentierte Pahor am Sonntagabend das unter den Erwartung gebliebene Ergebnis. Tatsächlich hatte Pahor schon mehrere Durststrecken durchlebt und überwunden. Im Jahr 2008 hatte er die Sozialdemokraten zu einem Erdrutschsieg bei den Parlamentswahlen geführt, doch versank seine Mitte-Links-Regierung bald in internem Streit und Affären. Im Jahr 2011 zerfiel die Koalition, und Pahors Sozialdemokraten schlitterten bei vorgezogenen Neuwahlen in ein Debakel.

Von seiner Partei in die Wüste geschickt, konnte Pahor endlich für jenes Amt kandidieren, das er seit Beginn seiner Karriere angestrebt hatte. Was folgte, war das spektakulärste politische Comeback der slowenischen Geschichte. Nur ein Jahr, nachdem ihn die Slowenen mit Schimpf und Schande aus dem Amt gejagt hatten, wählten sie ihn im November 2012 mit 67 Prozent der Stimmen zum Präsidenten.

Im Wahlkampf hatte Pahor gleichsam Abbitte bei seinen Mitbürgern geleistet. Er tourte kreuz und quer durchs Land und war zwei Monate lang jeweils einen Tag in einer anderen Rolle, war Straßenarbeiter, Müllmann, Schwimmlehrer, Förster, Pfleger im Altersheim, Architekt, Automechaniker, Radiomoderator und Bäcker.

Pahor kann auf eine 30-jährige politische Laufbahn zurückblicken: Vor der Wende war der Vorzugsschüler aus dem westslowenischen Šempeter bei Gorica das jüngste Mitglied im kommunistischen Politbüro, 1997 übernahm er 33-jährig den Vorsitz der ehemaligen Staatspartei und formte die „Vereinigte Liste“ zu einer modernen sozialdemokratischen Partei um. Pahor war Parlamentspräsident (2000-2004) und Europaabgeordneter (2004-2008).

- Siehe Meldung vom Tag: Marjan Šarec
- Siehe Meldung vom 23.10.2017