Pavol Dubček | Den Frühling seines Vaters stets im Herzen

„In der Zeit, als mein Vater sich darum bemühte, für die Menschen etwas zu tun, waren fast 90% der Menschen auf seiner Seite. Er hat sich darum bemüht, dass es sich gelohnt hat“, spricht Pavol Dubček. Der Sohn des Anführers des Prager Frühlings Alexander Dubček ist zu Gast im aktuellen Volksgruppenmagazin Rádio Dia:tón.

On demand | Rádio Dia:tón | 11.4.2016

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Sein Leitsatz war: „Ich glaube an das Gute im Menschen.“ Alexander Dubček, Sohn eines Kommunistischen Widerstandskämpfers und Mauthausen- Überlebenden, hauchte dem Sozialismus mit menschlichen Antlitz nicht nur einen Geist ein, sondern verlieh ihm auch sein Gesicht. Sein Sohn Pavol Dubček lebt heute in Bratislava. Der Stadt, in der einst die Idee der Freiheit beginnen sollte. Die Ideale seines Vaters trägt er stets mit sich.

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Alexander Dubček

Rádio Dia:tón | 11.4.2016 | 21:40 Uhr Radio Burgenland | Livestream

Der politische Wille, sich für eine gerechte Gesellschaft einzusetzen, begleitet Pavol Dubček auch in das Bezirksamt „Nove Mesto“. Hier setzt sich der Bezirksrat für Bedürfnisse seiner MitbürgerInnen ein. Dabei lassen ihn, wie auch einst seinen Vater, die einzelnen menschlichen Schicksale nie unberührt: „Auch wenn mein Leben nicht, wie sagt man, auf Rosenblättern gebettet war, habe ich keinen Grund mich zu beschweren. Eher tun mir oft die Menschen Leid, denen im Leben nichts gelingen will. Ich würde ihnen wünschen, dass sich ihre Situation verändert.“

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Pavol Dubček erinnert sich

Als Sohn des gewaltsam zum Schweigen gebrachten Revolutionsführers war auch Pavol Dubčeks Leben von Repressionen gekennzeichnet. „Ich beendete mein Medizinstudium, dann konnte ich keine Arbeit finden, weil man überall Angst hatte, mich einzustellen. So wollte ich emigrieren, aber unsere Mutter hat mich dann davon abgehalten. Dann fand ich eine Stelle, aber abseits der Hauptstadt“, erinnert sich Dubček, der heute auch als Chirurg in seinem Stadtteil tätig ist.

Mit seiner Familie bereiste Pavol Dubček in seiner Kindheit zahlreiche Länder von Tatschikistan bis Yugoslawien, weil sein Vater mit den Menschen ins Gespräch kommen wollte, wie er sagt. „Nicht nur in Europas Osten, aber auch im Westen gab es Bürger, die einen Weg finden wollten, dass es den Menschen gut geht. So hatte Vater natürlich auch Freunde wie Herrn Fischer, den österreichischen Präsidenten, oder Olof Palme und er fand seinen Weg im Programm der Sozialdemokraten. Doch dann hatte er den Unfall und konnte sich nicht mehr an der weiteren Entwicklung Europas beteiligen.“

„Ich glaube an das gute im Menschen“...

Sei das Lebensmotto seines Vaters gewesen, erinnert sich Pavol Dubček mit einem sanften Lächeln und unterstreicht die Lebensart eines bescheidenen Menschen: „Vater, wenn er sich von den schweren Stunden erholen wollte, die die Politik mit sich brachte, arbeitete er am Weinberg, oder traf sich mit Freunden im Garten. Er sagte zu uns: ‚Die Arbeit bringt euch in Schwung! Ihr werdet hier nicht nur so Gewichte heben, ihr werdet den Weinberg beackern!‘ So gingen wir graben".

Zückkehr aus Emigration | „Er wollte dasselbe Schicksal teilen, wie auch seine Landsleute es mussten“

Die Trennung der einst so innig verbundenen Tschechoslowakei durfte der Politiker aus Uhrovec nicht mehr erleben. Die Folgen eines schweren Autounfalls rissen ihn und damit einen Flügel der Hoffnung der Bürger aus dem Leben. Im Hinblick auf die aktuelle politisch-zerrissene Situation in Europa versucht sich Pavol Dubček in die Denkensart seines Vaters hineinzufühlen: „Begeistert wäre er nicht, denn er würde Wege suchen, die Situation zugunsten der Bürger zu verändern.“

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Der politischen Initiative Alexander Dubčeks war es zu verdanken, dass die tschechoslowakische kommunistische Partei erstmals Gerichte und Behörden von der Parteivormundschaft befreite, die Geheimpolizei entmachtete, ihren Bürgern freie Pässe für die ganze Welt gab und Pressefreiheit einführte.

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„Nicht jeder findet diesen Mut in sich. Mein Vater, wenn er etwas begann, war er so stur, dass er hart daran arbeitete, auch wenn er schon wusste, dass diese Ziele ein großes Risiko mit sich brachten“, erzählt der Sohn des historischen Persönlichkeit Dubček. Das mögliche Risiko wurde einige Monate nach dem von der Bevölkerung viel bejubelten Prager Frühling Wirklichkeit. Die nach mehr Freiheit duftenden Frühlingsbote der Revolution mussten zu schnell verwelkten. Dem Säer (Saat säen) des „Sozialismus mit menschlichem Antlitz“ drohte ein Tribunal, das ihn öffentlich verurteilen sollte. Danach wurde es als Botschafter in die Türkei entsandt.

„Wenn ich mich nun daran erinnere, hatte auch sein Versetzen als Botschafter in die Türkei die Absicht, dass er emigriert und seinem Land den Rücken kehrt. Es fand sich jedoch noch ein großer Teil seiner politischen Freunde und er konnte heimlich aus der Türkei zurückkehren. Denn er wollte dasselbe Schicksal teilen, wie auch seine Landsleute hier.“

Viele Helden werden erst zu spät geehrt. Alexander Dubček gehörte nicht zu jenen. Es sind Kisten voller Ehren- und Verdienstzeichen seines Vaters, die Pavol Dubcek heute in Ehren hält. Sanft aufbewahrt, voller Stolz und Vertrauen in die Wirksamkeit ihrer Symbolik. Dasselbe Vertrauen, das auch sein Vater, seinen Mitmenschen entgegenbrachte. Und so zu einem der mutigsten Verteidiger der Menschenrechte ewiglich in Erinnerung bleibt.