Burgenlandroman | Wege aus dem Assimilationsdruck

Die Wahrung des Kulturguts und Identifikationsfaktors der Burgenlandroma bleibt eine wunde Stelle für die jüngste österreichische Volksgruppe. Die Sprache der Roma, das Burgenland Roman, als Herzstück im modernen Alltag.

On demand | Roma sam | 7.1.2019

Zu Diesem Thema spricht Emmerich Gärtner Horvath, Vorsitzender des Volksgruppenbeirates der Roma und Sinti in Österreich als Gast der aktuellen Sendung Roma sam. Er hat die Verschriftlichung der Sprache in den 1990er Jahren initiiert.

Pflichtschulinspektorin für das Minderheitenschulwesen | Landesschulrat Burgenland | Karin Vukman-Artner

ORF | Yvonne Strujic-Erdost

Karin Vukman-Artner und Emmerich Gärtner-Horvath

Roma sam | 7.1.2019 | 20:50 Uhr | Radio Burgenland livestream

Während die Wiener Volksgruppen sich lange Zeit für ein eigenes Minderheitenschulgesetz für Wien stark machen, kämpfen die Bundesländer mit dessen sinnentsprechender Umsetzung in der Praxis, stellt der Vorsitzender Gärtner-Horvath fest:

„Es gibt das Gesetz, wir haben keine Pädagogen, die Nachfrage müsste auch größer sein. So wie es jetzt rennt, ist es schwierig auch die Nachfrage zu eruieren, wenn es keine Pädagogen gibt. Es ist, als würde man eine Suppe ohne Topf kochen. Das ist schwierig.“

Pflichtschulinspektorin für das Minderheitenschulwesen | Landesschulrat Burgenland | Karin Vukman-Artner

ORF | Yvonne Strujic-Erdost

Emmerich Gärtner-Horvath und Karin Vukman-Artner

Seit 1994 sollte das Minderheitenschulgesetz im Burgenland eigentlich den Fortbestand der Volksgruppensprachen als öffentliches Kommunikationsmittel durch den Schulunterricht sicherstellen. Im autochthonen Gebiet gibt es derzeit 23 zweisprachige burgenlandkroatisch-deutsche Schulen und 2 ungarisch-deutsche. Für die Roma, die dritte anerkannte Volksgruppe im Burgenland, trug das Gesetz bis heute keine Früchte, sagt Emmerich Gärtner Horvath:

"Der Wunsch war immer schon, dass der gleiche Standard erreicht wird wie bei den anderen Sprachen. Das Roman erreichte eine enorme Entwicklung, das muss man sagen. 1995 ist das erste Buch erschienen. Das Attentat darf man nicht vergessen. Wir haben jedoch auch Rückschläge gehabt also. 1999 wurde Romanes in das Minderheitenschulgesetz aufgenommen.

Was wir dennoch verabsäumt haben, sind die Pädagogen, dass Pädagogen ausgebildet werden und dass Lehrmaterialen weiters erstellt werden. Momentan ist es so, dass es unter unverbindliche Übungen läuft, weil wir keine Pädagogen haben, man kann auch nicht maturieren im Romanes, es gibt keinen Abnehmer, keinen Professor, außer Dr. Halwachs und Mozes Heinschink, der sagen könnte, dass er der Sprache mächtig ist."

Es fehlt schlicht an Lehrpersonal in Burgenland Roman bzw. in Romanes. Um auch genau diesem Ziel gerecht zu werden, eröffnete im Jahr 2007 die Pädagogische Hochschule in Eisenstadt, mit dem Ausbildungszweig für Volks- und Pflichtschullehrer in Volksgruppensprachen seine Pforten. Sabine Weisz, Direktorin der Pädagogischen Hochschule Burgnaland erläutert: „Die Pädagogische Hochschule Burgenland wurde 2007 gegründet und ein wesentlicher Faktor dafür, dass das Burgenland auch eine Pädagogische Hochschule hat, ist darin zu finden, dass wir Lehrerinnen und Lehrer für die Volksgruppensprachen Kroatisch, Ungarisch und Romanes ausbilden. Wir wären gesetzlich dazu verpflichtet und würden gerne auch in Romanes unsere Angebote setzen, aber wir sind hier in Absprache mit dem Landesschulrat und mit dem Ministerium und können diesen ersten Schritt nicht selbst machen. Also bei uns muss die Verwendung der Mittel immer abgesegnet sein, weil wir sind eine nachgeordnete Dienststelle und müssen uns die Genehmigung holen. Wir würden aber gerne in den Zug, wenn er politisch abgesegnet wird, steigen und damit fahren.“

Trotz enger Kooperation mit dem Landesschulrat in Eisenstadt bedauert der Vorsitzende des Volksgruppenbeirats Emmerich Gärtner- Horvath das Fehlen des im Gesetz verankerten Unterrichts in Roman. Dies hänge auch damit zusammen, dass es keine Unterrichtenden in der Sprache gäbe. Die Pflichtschulinspektorin für das Minderheitenschulwesen Karin Vukman-Artner betont: „Natürlich wäre es ein Wunsch, wenn an der Pädagogischen Hochschule alle Lehrer auch in den Volksgruppensprachen ausgebildet sind. Das wäre eine große Unterstützung, sicher! Dementsprechend dann auch die Kinder in Folge, die diese Ausbildung hätten.“

Pflichtschulinspektorin für das Minderheitenschulwesen | Landesschulrat Burgenland | Karin Vukman-Artner

ORF | Yvonne Strujic-Erdost

Die Direktorin der pädagogischen Hochschule Burgenland Sabine Weisz: „Ich sehe unsere Aufgabe als Pädagogische Hochschule nicht nur darin pädagogisches Personal aus- und fortzubilden, sondern auch zur Meinungsbildung beizutragen und auch der Bevölkerung zu vermitteln, wissenschaftlich fundiert, denn es gibt diese Studien und auch wir forschen daran, wie wertvoll es ist mit zwei Sprachen aufzuwachsen und zu lernen. Wie wertvoll es auch ist, wenn die Kinder die Kultur ihres Landes verstehen. Ich denke, da haben wir einen großen Hebel in der Hand, angefangen von den Elementarpädagoginnen, bis hin zu den Maturaführenden Schulen.“

Fast eine Generation nach der Verschriftlichung seiner Volksgruppensprache hört der Vorsitzende Emmerich Gärtner Horvath erstmals solch bekennende Worte von der Bildungsinstitution.

Franjo Schruiff  zum Volksgruppengesetz

ORF | yvonne strujic-erdost

Der burgenlandkroatische Jurist Franjo Schruiff weiß um die Bedeutung der schulischen Ausbildung in den Volksgruppensprachen. Wenn es um die burgenländischen Roma geht, zieht er eine ganz klare Bilanz darüber, welche entscheidende Rolle die Menschen in den ersten Reihen der Regierung hier zu tragen haben: „Da sind eindeutig alle anderen die ersten. Was man diesen Leuten angetan hat, die hat man umgebracht. Man hat ganze Familien ausgerottet und die paar Überlebenden haben als ersten Reflex natürlich zu schauen, dass das nicht groß bekannt wird, dass sie auch dazu gehören. Sie sind ja nicht umbegracht worden, weil sie etwas getan haben, sondern von der Mehrheit und um das wieder gut zu machen, liegt das an der Mehrheit etwas zu tun. Da brauchen wir gar nicht diskuttieren.“

Über den Assimilierungsdruck dem das Burgenland Roman stets trotzen will, hat Yvonne Strujic-Erdost für sie recherchiert.