„Dorthin, wo die Not am größten ist“ | Pater Georg Sporschill wird 70

Pater Georg Sporschill geht dahin, wo die Not am größten ist. Das sei die Freiheit, die ein Jesuit hat. Sporschill bemüht sich seit 25 Jahren um ein besseres Leben für die Straßenkinder in Rumänien und für Roma-Familien. Am 26. Juli wird Sporschill 70 Jahre alt.

Die Arbeit halte ihn im Schwung, das ganze sei spannend, sagt er im Interview mit der APA.

Als ihn der Jesuiten-Orden 1991 nach Rumänien schickte, sollte sein Aufenthalt dort ein halbes Jahr dauern. Nun lebt Sporschill seit über 25 Jahren in Osteuropa und hat auch die rumänische Staatsbürgerschaft. „Ich bin Tag und Nacht von jungen Leuten umgeben, die ganz anders sind als ich. Es gibt immer Überraschungen, dabei sind die positiven aber größer als die negativen“, erzählt der gebürtige Vorarlberger. Er habe zwar viele Krimis in Buch- und Videoform auf seinem Tisch liegen, zu konsumieren brauche er sie aber nicht: „Das erlebe ich jeden Tag live“, so der Pater.

Pater Georg Sporschill

apa/elijah

Sporschill erhielt 1991 den Auftrag, sich um die Straßenkinder in Rumänien zu kümmern. Daraus entstand der Verein „Concordia“, Kinderhäuser, Kinderdörfer, Lehrwerkstätten und Sozialzentren wurden gebaut. Später wurden auch in Moldau (2004) und Bulgarien (2007) „Concordia“-Vereine gegründet. So wurde tausenden Kindern und alten Menschen geholfen. Nach seinem Rückzug aus der „Concordia“ begann Sporschill 2013 mit dem Verein „Elijah“ ein neues Projekt. Er habe sich dabei überlegt, wo er hingehen könne, „wo sonst niemand hingeht“. „Elijah“ verhilft Roma-Familien in Siebenbürgen zu einem menschenwürdigen Leben und den Heranwachsenden zu einer Ausbildung.

Pater Georg Sporschill

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Mit Papst Franziskus | März 2015

„Die Jugendlichen werden in ein selbstständiges Leben begleitet. Wir haben viele junge Leute, die arbeiten lernen“, erzählt Sporschill. Es gebe Sozialzentren, Musikschulen sowie Ausbildungs-und Arbeitsprojekte. Das Bildungshaus, das Zentrum für die „Elijah“-Gemeinschaft, trägt den Namen „Stella Matutina“ in Anlehnung an ein ehemaliges Privatgymnasium des Jesuitenordens in Feldkirch, wo Sporschill 1946 als fünftes von neun Kindern geboren wurde. In der „Stella Matutina“ werden derzeit 20 Mädchen in Haushaltsführung ausgebildet, in den Musikschulen über 200 Kinder betreut, berichtet der Pater. In den Sozialzentren gibt es einen Arzt, „jeder aus dem Dorf kann kommen“, so Sporschill. Etwa 20 der Heranwachsenden wohnen in der „Elijah“-Gemeinschaft. Sporschill nennt das eine große Verantwortung, die ihm aber auch gefällt. Nachdem er in einer Großfamilie aufgewachsen sei, „bin ich das gewohnt und brauche es manchmal fast“.

Pater Georg Sporschill

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Die Kinder in Rumänien beschreibt Sporschill als sehr gläubig und religiös, „die beten richtig gern, ich predige nie; wenn, dann tun sie’s“, beschreibt er die Umstände. Das Vorarlberger „Schaffa, spära, husa“ („Arbeiten, sparen, Haus bauen“) liege hingegen nicht in der rumänischen Mentalität. Diese sei in den vergangenen 25 Jahren aber ebenso stark im Wandel wie die Lebensumstände in Rumänien überhaupt. „Das Land hat sicher sehr von der EU profitiert, es gibt mehr Rechtssicherheit, wenn auch noch nicht genug“, so Sporschill. Durch den Anschluss an Europa seien viele Arbeitsplätze entstanden, die Menschen hätten verstanden, dass man sich selbst um den Lebensunterhalt kümmern muss. Dennoch seien drei bis vier Millionen Rumänen („und zwar die Besten“) in den wohlhabenderen Westen ausgewandert, diese fehlten nun im Land.

Wie er sich in den vergangenen 25 Jahren verändert hat? „Viel geduldiger als früher bin ich nicht“, sagt er. Nein, er habe sich nicht gebessert. Gelernt habe er, dass es nicht immer so gehen muss, wie man es im Kopf hat, prägende Erlebnisse gab es viele. Noch immer aber beeindruckt ihn „jeder einzelne Mensch und jedes einzelne Kind“. Manche der ehemaligen Straßenkinder würden ihn seit 25 Jahren begleiten.

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Große Unterstützung für sein Projekt erhält Sporschill vom Vorarlberger Alt-Landeshauptmann Herbert Sausgruber, den er 1964 beim Theologie-Studium kennengelernt hat. Auch im Landesdienst (1975) begegneten sie einander wieder, die Verbindung ist eine sehr enge. „Er ist ein bescheidender Mensch und sich für nichts zu schade“, beschreibt er seinen exakt zwei Tage älteren Freund, der seit seinem Rückzug aus der Politik beim Projekt mitarbeitet. Spuren hinterlassen hat Sporschill, der 1976 in den Jesuitenorden eintrat und 1978 zum Priester geweiht wurde, auch in Österreich. Sein erstes Bemühen als Jesuitenpater galt den Obdachlosen, sowie den strafentlassenen, drogensüchtigen Jugendlichen in Wien. Für diese konnte er in der Blindengasse eine Bleibe einrichten, auch viele weitere Initiativen, die heute in Wien Institution sind, gehen auf Sporschill zurück. Dann kam Rumänien.

Ans Aufhören denkt Sporschill angesichts seiner nun 70 vollendeten Lebensjahre nicht. „Das Arbeiten hält jung, andere Pläne habe ich keine“, sagt er. Beim Orden „reden allerdings auch andere mit“, weiß er nicht, wie lange er seinen Aufgaben noch nachgehen wird. Das Altersheim, gibt er zu, ist für ihn aber eine „Horrorvorstellung“. Seinen Geburtstag wird er bei einer Wanderung mit Jugendlichen verbringen und telefonisch nicht erreichbar sein.

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Initiative Concordia