Mutmaßlicher NS-Kriegsverbrecher Csatáry ist tot

Der 98-jährige Ungar, der in seiner Heimat wegen Beihilfe zur Tötung tausender Juden im Zweiten Weltkrieg angeklagt war, starb am Samstagmorgen in einem Spital in Budapest, wie sein Anwalt heute mitteilte.

Csatáry soll massgeblich an der Deportation von 15.700 Juden aus dem Ghetto Kaschau | Košice in der heutigen Slowakei mitgewirkt haben.

Als Kunsthändler in Kanada gelebt

Csatáry sei in der Klinik, wo er wegen Darmproblemen behandelt worden sei, an einer Lungenentzündung gestorben, sagte Horvath. Nach dem Krieg hatte Csatáry als Kunsthändler unbehelligt unter falschem Namen in Kanada gelebt. Als die Behörden im Jahr 1995 seine wahre Identität herausfanden, floh er in seine ungarische Heimat.

Im Jahr 2011 machte das Simon-Wiesenthal-Zentrum in Jerusalem die ungarischen Behörden auf seinen Aufenthaltsort aufmerksam. Im Juli 2012 wurde Csatáry in Budapest festgenommen und stand seither dort unter Hausarrest. Im Juni wurde Anklage gegen ihn in Ungarn erhoben.

László Csatáry

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Csatáry war im Ghetto „aktiv involviert“

Laut Staatsanwaltschaft war Csatáry in den Jahren 1941 bis 1944 in die Deportationen aus dem Ghetto von Kaschau „aktiv involviert“. Als Polizist habe er zudem Juden „unabhängig von Geschlecht, Alter oder Gesundheitszustand“ ohne erkennbaren Grund mit seinen Händen und einer Hundepeitsche geschlagen. Csatáry wies die Vorwürfe zurück.

1948 in Abwesenheit zum Tode verurteilt

Der Ungar war bereits im Jahr 1948 in der damaligen Tschechoslowakei in Abwesenheit zum Tod verurteilt worden. Im letzten April wandelte die slowakische Justiz das Todesurteil in eine lebenslange Haftstrafe um und bereitete damit den Boden für seine angestrebte Auslieferung aus Ungarn.

Am 8. Juli wurde das Verfahren gegen Csatáry in Ungarn ausgesetzt. Rechtliche Probleme verhinderten jedoch seine Überstellung in die Slowakei. In der vergangenen Woche entschied dann ein Gericht in Ungarn, dass das Verfahren fortgesetzt werden könne. In der Slowakei sollte Ende September wieder über Csatárys Fall verhandelt werden.

Wiesenthal-Zentrum spricht von „Schande“

Das Simon-Wiesenthal-Zentrum in Israel schrieb heute, Csatáry Ableben könne seine Verbrechen nicht löschen. „Es ist eine Schande, dass Csatáry, ein (1948 in der Tschechoslowakei) verurteilter und total reueloser Holocaust-Verbrecher, der endlich in seiner Heimat wegen seiner Vergehen angeklagt wurde, der Gerechtigkeit und Strafe schliesslich in letzter Minute entkommen konnte“, sagte der Leiter der Organisation, Efraim Zuroff.

Csatáry habe mehr als 15 Jahre in Ungarn gelebt, bis das Wiesenthal-Zentrum die Behörden auf seinen Aufenthaltsort aufmerksam gemacht habe. „Die Tatsache, dass ein bekannter Kriegsverbrecher, dessen Nazi-Vergangenheit in Kanada aufgedeckt wurde, so lange unbehelligt in der ungarischen Hauptstadt leben konnte, wirft ernsthafte Fragen zur Bereitschaft der ungarischen Behörden auf, ihre eigenen Holocaust-Verbrecher zur Rechenschaft zu ziehen“, sagte Zuroff nach Angaben des Zentrums.

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