Friedensnobelpreis an Anti-Atomwaffenbewegung ICAN

Vor dem Hintergrund der Konflikte um den Iran und Nordkorea erhält in diesem Jahr die Internationale Kampagne zur Abschaffung von Atomwaffen (ICAN) den Friedensnobelpreis.

Die Organisation ICAN - International Campaign to Abolish Nuclear Weapons - werde für ihren Kampf für eine atomwaffenfreie Welt gewürdigt, teilte das Nobelpreis-Komitee am Freitag in Oslo mit.

Risiko „so groß ist wie schon lange nicht mehr“

Das Bündnis von rund 450 Mitgliedsorganisationen hat maßgeblich am UN-Verbotsvertrag von Nuklearwaffen mitgewirkt, der im Juli unterzeichnet wurde und von 122 Staaten - darunter Österreich - unterstützt wird. „Wir leben in einer Welt, in der das Risiko, dass Atomwaffen eingesetzt werden, so groß ist wie schon lange nicht mehr“, sagte die Vorsitzende des Nobelpreis-Komitees, Berit Reiss-Andersen. „Einige Staaten modernisieren ihre nuklearen Arsenale, und die Gefahr, dass sich weitere Länder Atomwaffen beschaffen, ist real, wie es Nordkorea zeigt.“

Aktivisten von ICAN protestieren am 13.9.2017 vor der nordkoreanischen Botschaft in Berlin, u.a. mit einer Maske des nordkoreanischen Machthabers Jong-un gegen den Konflikt zwischen Nordkorea und den USA

APA/dpa-Zentralbild/Britta Pedersen

Aktivisten von ICAN protestieren am 13.9.2017 vor der nordkoreanischen Botschaft in Berlin, u.a. mit einer Maske des nordkoreanischen Machthabers Jong-un gegen den Konflikt zwischen Nordkorea und den USA

Für „bahnbrechenden Bemühungen“ von Atomwaffenverbot

ICAN erhalte die Auszeichnung für ihre Arbeit, mit der sie auf die „katastrophalen humanitären Folgen“ von Atomwaffen aufmerksam mache und für ihre „bahnbrechenden Bemühungen“, ein Verbot solcher Waffen auf Basis eines Vertrags zu erreichen. Der diesjährige Friedensnobelpreis sei auch ein Aufruf an alle Atommächte, „ernsthafte Verhandlungen mit dem Ziel einer schrittweisen, ausgewogenen und sorgfältig überprüften Vernichtung der fast 15.000 Atomwaffen in der Welt zu beginnen“, sagte Reiss-Andersen.

Aufruf zur nuklearen Abrüstung

Die ICAN-Vorsitzende Beatrice Fihn bezeichnete die Auszeichnung als „große Ehre“ und rief zur nuklearen Abrüstung auf. Angesichts der „großen Spannungen in der Welt“ sei „jetzt der geeignete Moment, dass die Nationen unmissverständlich Nein zu Atomwaffen sagen“, erklärte sie am Sitz der Organisation in Genf. „Abrüstung ist kein frommer Wunsch, sondern eine dringende humanitäre Notwendigkeit“, so Fihn.

Tribut für „jahrzehntelangen Einsatz der Zivilgesellschaft“ & für Opfer

Nadja Schmidt, Obfrau der österreichischen ICAN-Sektion, erklärte gegenüber der APA, die Auszeichnung sei „ein Tribut für den jahrzehntelangen Einsatz der Zivilgesellschaft sowie für die Opfer von Hiroshima und Nagasaki und die Opfer von Atomtests“. Als die Kampagne zur Abschaffung von Atomwaffen im Jahr 2007 mit der Idee gestartet sei, einen Verbotsvertrag für Atomwaffen zu verwirklichen, sei „die Idee eher belächelt worden“, so Schmidt. Durch die in diesem Jahr erfolgte Verabschiedung eines UN-Verbotsvertrags von Nuklearwaffen habe man aber gezeigt, dass das Engagement sehr wohl eine Auswirkung haben könne.

ICAN 2007 in Wien gegründet

ICAN war im Jahr 2007 am Rande einer Konferenz zum Atomwaffensperrvertrag in Wien von mehr als 300 Nichtregierungsorganisationen gegründet worden. Sie setzte sich unter anderem für das Verbot von Atomwaffen ein, das am 7. Juli von 122 UN-Mitgliedstaaten beschlossen worden war. Der Vertrag tritt in Kraft, wenn 50 Staaten ihn ratifiziert haben. ICAN hofft, dies bis Ende 2018 zu erreichen. Initiiert wurden die Verhandlungen über den Vertrag in der UNO 2014 von einer kleinen Staatengruppe, zu der unter anderen Österreich und Irland zählten.

Vertrag für Atomkraftgegner „historisch“

Kritiker sehen die Vereinbarung als symbolisch an, weil die Atommächte sie nicht unterzeichnet haben. Atomkraftgegner hatten den Vertrag dagegen als „historisch“ bezeichnet. Er verbietet erstmals die Entwicklung und Lagerung von Atomwaffen und untersagt auch bereits die Drohung mit einem Atomschlag.

Neun Staaten in Besitz von Atomsprengkörper

„Der Glaube einiger Regierungen, dass Atomwaffen eine legitime und wesentliche Quelle für Sicherheit sind, ist nicht nur fehlgeleitet, sondern auch gefährlich“, erklärte ICAN. „Alle Nationen sollten diese Waffen vollständig ablehnen - bevor sie jemals wieder benutzt werden.“ Derzeit sind neun Staaten im Besitz von Atomsprengköpfen: die USA, Russland, Großbritannien, Frankreich, Indien, Pakistan, China, Nordkorea sowie Israel.

Sorge vor Atomkonflikt gestiegen

Nach mehreren nordkoreanischen Atomwaffen- und Raketentests war in den vergangenen Monaten die Sorge vor einem Atomkonflikt gestiegen. US-Präsident Donald Trump hatte Nordkorea Ende September mit „völliger Zerstörung“ gedroht. Außerdem ist Trump ein Gegner des Nuklearabkommens, das die fünf UN-Vetomächte und Deutschland 2015 mit dem Iran abgeschlossen hatten. Diplomaten fürchten eine Abkehr der USA von dem Abkommen.

Der Friedensnobelpreis wird seit 1901 verliehen und wurde vom Erfinder des Dynamits, dem schwedischen Industriellen Alfred Nobel, gestiftet. Die Auszeichnung ist mit neun Millionen Schwedischen Kronen (945.000 Euro) dotiert und wird am 10. Dezember in Oslo überreicht.

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