Streit über Flüchtlingsquoten vor Gericht

Der Streit zwischen den EU-Staaten über die Verteilung von Flüchtlingen eskaliert: Als erstes Land reichte die Slowakei gestern Klage beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) ein.

Auch Ungarn wandte sich erneut gegen die Regelung. An der griechisch-mazedonischen Grenze kam es indes erneut zu Zusammenstößen.

Fico sieht Widerspruch zum europäischen Recht

Der slowakische Ministerpräsident Robert Fico forderte den EuGH auf, „die Entscheidung zur Verpflichtung auf bindende Quoten für ungültig zu erklären“. Sie seien im Widerspruch zu europäischem Recht angenommen worden. „Zudem halten wir sie für unsinnig und technisch nicht realisierbar,“ meinte Fico. Sein Land habe keine Möglichkeiten, Migranten festzuhalten, wenn sie nach Deutschland oder in andere reichere EU-Staaten wollten. Immer mehr zeige sich, dass die Quoten als Fehlentscheidung seien. Statt der vereinbarten 120.000 Flüchtlinge seien bisher nur einige hundert Menschen umverteilt worden.

Laut EU-Beschluss vom 22. September sollen 120.000 Asylbewerber auf die Mitgliedstaaten verteilt werden. Auf die Slowakei würden 802 Menschen entfallen. Der Innenministerrat hatte dies mit Mehrheitsentscheidung gegen den Willen einiger osteuropäischer Länder (Slowakei, Ungarn, Tschechien und Rumänien) beschlossen.

Gerüchte um Resettlement

Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán ließ indes mit Gerüchten aufhorchen, dass die EU noch diese Woche die Umsiedelung (Resettlement) von 400.000 bis 500.000 syrischer Flüchtlingen aus der Türkei beschließen werde. „Diese böse Überraschung erwartet Europa“, sagte er. Die Kommission dementierte dies jedoch umgehend. „Um darauf ganz klar zu antworten: Blödsinn“, so Kommissions-Vize Frans Timmermans.

Keine Einigung auf konkrete Zahlen

Die Spekulationen über eine mögliche Umsiedelung Hunderttausender Schutzsuchender aus der Türkei sind nicht neu. Bereits im Vorfeld des EU-Türkei-Gipfels am Wochenende hatte die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel sieben EU-Staaten - darunter auch Österreich - zu einem Treffen geladen, um einen derartigen Schritt zu besprechen. Auf konkrete Zahlen habe man sich nicht geeinigt, erklärte Merkel nach dem Treffen.

Auseinandersetzungen an der griechisch-mazedonischen Grenze

An der griechisch-mazedonischen Grenze kam es unterdessen erneut zu Auseinandersetzungen zwischen Flüchtlingen und der Polizei. Dort sind 1.500 Menschen aus dem Pakistan, Marokko und dem Iran im Niemandsland gestrandet und wollen nach Europa. Mazedonien lässt wie auch Slowenien jedoch nur noch Flüchtlinge aus Syrien, Irak und Afghanistan passieren. Die Polizei setzte gegen die aufgebrachten Menschen Tränengas ein.

Aufgrund der Vorgehensweise Mazedoniens sowie der schlechten Wetterlage in der Ägäis sank auch die Zahl der in Österreich und Deutschland ankommenden Flüchtlinge. Von einer Trendwende wollten deutsche Politiker aber nicht sprechen. Dass die Zuwanderung auf absehbare Zeit wohl bleibt, zeigen auch griechische Angaben zur Zahl der Flüchtlinge, die von der Türkei aus über das Meer nach Griechenland reisen. Man warte auf einen Rückgang der Zahlen, doch bisher sei die Zahl in etwa gleich geblieben, sagte ein Offizier der griechischen Küstenwache der Deutschen Presse-Agentur. Nach Angaben der Internationalen Organisation für Migration (IOM) waren am vergangen Sonntag mehr als 3.500 Flüchtlinge auf griechischen Inseln angekommen. Zuvor hatte die Organisation einen wetterbedingten Rückgang der Zahlen verkündet.

Schutzzonen innerhalb von Afghanistan

Um die Migration von Menschen aus Afghanistan zu begrenzen, beriet die deutsche Kanzlerin Angela Merkel gestern mit dem afghanischen Präsidenten Ashraf Ghani. Merkel kündigte an, die deutsche Polizeiausbildung in Afghanistan werde auf den Kampf gegen Schlepper und illegale Migration sowie Passfälschungen ausgedehnt. Zudem sollten innerhalb Afghanistans Schutzzonen geschaffen werden, in die Menschen aus unsicheren Gebieten fliehen könnten. Sie verteidigte das Vorhaben, auch nach Afghanistan abzuschieben.