POLITIK

Dodik boykottierte Treffen mit Schmidt

Der bosnische Serbenführer Milorad Dodik hat dem neuen internationalen Bosnien-Beauftragten Christian Schmidt einen Korb gegeben. Dodik nahm nicht am ersten Treffen Schmidts mit dem bosnischen Staatspräsidium teil, in dem er die Serben vertritt.

Schmidt zeigt sich unbeirrt von Kritik an seinem Amt

Zuvor hatte auch Kroatien die Funktion des Hohen Beauftragten als „Relikt“ der Nachkriegszeit bezeichnet. Schmidt sagte hingegen, dass er „die starke Unterstützung der ganzen internationalen Gemeinschaft“ habe. Er wolle mit allen sprechen und seine ganze Kraft dafür einsetzen, damit Bosnien-Herzegowina „eine blühende Zukunft“ habe, betonte er nach Angaben der Nachrichtenagentur Hina beim Treffen mit der bosnischen Staatsspitze am Dienstag. Allerdings waren nur zwei der drei Mitglieder des Staatspräsidiums, der Kroate Željko Komšić und der Bosniake Šefik Džaferović gekommen. Der serbische Vertreter Milorad Dodik boykottierte das Treffen.

Der frühere deutsche Landwirtschaftsminister hatte seine Funktion am 1. August vom österreichischen Diplomaten Valentin Inzko übernommen, der zwölf Jahre lang das Büro des Hohen Vertreters in Sarajevo geleitet hatte. Am Ende seiner Mandatsperiode sorgte Inzko für einen Paukenschlag, indem er seine Machtbefugnisse („Bonn Powers“) einsetzte, um die Leugnung des Völkermordes von Srebrenica unter Strafe zu stellen.

Während Schmidt Inzko bei der Amtsübergabe am Montag für die Entscheidung dankte, sorgte sie in der bosnischen Serbenrepublik für Empörung. Dort war Inzko schon seit Jahren ein Feindbild. Dodik bemüht sich seit Jahren vergeblich darum, dass das Amt des Bosnien-Beauftragten abgeschafft wird.

Doch auch Kroatien sieht das internationale Kuratel für Bosnien-Herzegowina kritisch. Der Bosnien-Beauftragte sei ein „Relikt aus der unmittelbaren Nachkriegszeit“ und „eine Manifestation des Demokratiedefizits im politischen Leben des Landes“, sagte Außenminister Gordan Grlić Radman der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (Dienstagsausgabe). „Bosnien-Herzegowina ist kein Ort für Experimente“, gab er dem neuen Bosnien-Beauftragten Schmidt auf den Weg.

„Wir freuen uns auf die Zusammenarbeit mit Christian Schmidt“, sagte der frühere kroatische Botschafter in Berlin über den neuen Bosnien-Beauftragten. Zurückhaltend äußerte sich Grlić Radman über das Engagement Inzkos gegen Geschichtsrevisionismus in Bosnien. „Die Anerkennung des Genozids in Srebrenica ist eine Wertefrage. Das Amt des Hohen Repräsentanten hat das Recht, die Bonner Befugnisse zu nutzen, aber ihre Anwendung stellt ein demokratisches Defizit dar, das nicht kompatibel ist mit den europäischen Ambitionen von Bosnien-Herzegovina“, sagte der Diplomat, dessen Familie selbst aus Bosnien-Herzegowina stammt.

Grlić Radman erteilte auch Überlegungen eine Absage, wonach der Bosnien-Beauftragte eine neue Verfassung für das Land beschließen könnte. „Es wäre keine Lösung, dem Land per Dekret künstliche Verfassungsmodelle aufzuerlegen“, sagte er in Anspielung auf Hoffnungen vor allem bosniakischer Politiker, die sich eine Stärkung des Zentralstaates wünschen.

Bosnien-Herzegowina ist aufgrund der im Friedensvertrag von Dayton ein Staat mit großer Autonomie für die beiden Landesteile, die Bosniakisch-Kroatische Föderation und die Republika Srpska. Die zentralstaatliche Regierung hat nur wenige Befugnisse, das Parlament in Sarajevo ist wegen der Interessensgegensätze zwischen Bosniaken, Kroaten und Serben blockiert. Serben und Kroaten widersetzen sich Bestrebungen zu einer Stärkung der zentralen Institutionen, weil sie befürchten, dann von der bosniakischen Bevölkerungsmehrheit politisch an den Rand gedrängt zu werden.

So sagte auch Grlić Radman, dass zentralistische Ansätze in Bosnien-Herzegowina „zu Instabilität führen“ könnten. Er pochte darauf, dass der Dayton-Vertrag das Land als „Konkordanzdemokratie“ vorsehe, mit einem Proporzsystem für die drei Volksgruppen. Zugleich forderte er eine Änderung des Wahlgesetzes, das sicherstellen soll, dass nur Kroaten ihre Vertreter im bosnischen Parlament und Staatspräsidium wählen. Derzeit sei es nämlich so, dass es diesbezüglich zu Einflüssen der bosniakischen Bevölkerungsmehrheit im Rahmen der gemeinsamen Bosniakisch-Kroatischen Föderation komme, so Grlić Radman, der diesbezüglich einen Vergleich mit Deutschland zog. Es sei so, als würden die bayerischen Wähler nicht nur ihre Vertreter im Bundesrat bestimmen, sondern auch jene Berlins.