POLITIK

Genozid-Gesetz nach Mladić-Verurteilung

Die Gesetzesänderung in Bosnien-Herzegowina gegen die Leugnung des Völkermordes in Srebrenica war erst nach der Verurteilung des früheren bosnisch-serbischen Militärführers Ratko Mladić möglich. Deshalb habe er erst nach dem rechtskräftigen Urteil die Änderung verfügt, sagte der scheidende internationale Bosnien-Beauftragte Valentin Inzko dem „Ö1“-Mittagsjournal.

Ein internationales Gericht hat Anfang Juni die Verurteilung des früheren bosnisch-serbischen Armeechefs Ratko Mladić zu lebenslanger Haft wegen Völkermords, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit bestätigt.

Der österreichische Diplomat, der mit 1. August sein seit zwölf Jahren ausgeübtes Amt zurücklegte, hatte bei der Gesetzesänderung auf seine außerordentlichen Vollmachten („Bonn Powers“) zurückgegriffen. Sein Nachfolger ist der deutsche Diplomat Christian Schmidt. Russland und China waren im UNO-Sicherheitsrat mit einem Resolutionsentwurf gescheitert, der eine Abschaffung des Amtes des Hohen Repräsentanten in Bosnien mit Juli 2022 vorsah.

Inzko sagte dazu dem ORF am Freitag, es sei gar nicht der UNO-Sicherheitsrat, sondern der mit internationalen Vertretern besetzte Friedensimplementierungsrat in Sarajevo für die Personalie zuständig. Dort habe von zwölf Botschaftern nur einer – der russische Vertreter – gegen Schmidt gestimmt.

Zur Sprache kamen auch auf die anhaltenden schweren politischen Konflikte zwischen den Vertretern der verschiedenen Volksgruppen – Bosniaken, Kroaten, Serben – innerhalb Bosniens. So hatte nach der Gesetzesänderung zur Völkermordleugnung die Führung der bosnischen Serben einen Boykott der gesamtstaatlichen Institutionen verkündet, solange die Entscheidung nicht zurückgenommen wird. Nach der Einnahme der damaligen bosniakischen (muslimischen) Enklave Srebrenica im Juli 1995 hatten bosnisch-serbische Truppen in einem Völkermord, auf den Inzkos Gesetzesänderung abzielt, rund 8.000 Männer und Buben ermordet.

Inzkos Ansicht nach sind derartige ethnische Konflikte aber auf politischer Ebene weit schwerwiegender als im Alltag des Landes. Besonders im Business-Bereich spielten solche Diskrepanzen nach seiner Beobachtung fast gar keine Rolle. Sein Fazit: „Zwischen den Menschen gibt es keine Probleme. Zwischen den Politikern schon.“