Nikola Selaković
APA/HELMUT FOHRINGER
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POLITIK

Selakovič kritisiert EU-Beitrittsprozess

Der serbische Außenminister Nikola Selaković hat in einem Interview mit der Austria Presse Agentur deutliche Kritik am langwierigen EU-Beitrittsprozess und der „Scheinheiligkeit“ mancher Staaten im Umgang mit seinem Land geübt.

„Wie kann es sein, dass EU-Mitgliedsländer bereit sind, serbische Bürger aufzunehmen, aber nicht Serbien als Mitgliedsstaat?“, sagte Selaković im APA-Interview. Selaković kritisierte die „sich ständig verändernden Ziele“ im EU-Beitrittsprozess. Obwohl Serbien als erstes Kandidatenland die neue Methodologie für die Beitrittsverhandlungen akzeptiert habe, habe es kein Beitrittsdatum erhalten. Das sei „der riesige Unterschied“ zu früheren Beitrittsrunden, in denen die Bedingungen und Daten von Anfang an klar gewesen seien.

Dabei sei Serbien für die Mitgliedschaft „gut vorbereitet“, sagte Selaković mit Blick auf aktuelle Wirtschaftszahlen. Die Wirtschaft werde heuer um über sechs Prozent wachsen, bei der Staatsschuld erfülle man die Maastricht-Kriterien und die Arbeitslosenrate sei innerhalb weniger Jahre von 26,9 auf neun Prozent gesunken. Viele junge Serben kämen nun wieder in ihre Heimat zurück, um dort unter anderem bei internationalen Unternehmen zu arbeiten. Schließlich ziehe Serbien einen Großteil der ausländischen Direktinvestitionen in der Region an.

Nicht nur Serbien sollte an der EU-Mitgliedschaft gelegen sein, betonte der enge Vertraute von Präsident Aleksander Vučić. „Wir sehen, dass es auch die Europäische Union viel mehr bedauern könnte, wenn Serbien kein EU-Mitglied wird“, sagte Selaković. Schließlich wolle die EU „keinen leeren Raum“ in der Region haben. „Und ich denke, es ist wichtig für die Europäische Union, dass sie frisches Blut bekommt“, fügte er hinzu.

Dem künftigen Bosnien-Beauftragten Christian Schmidt, der am 1. August sein Amt vom österreichischen Diplomaten Valentin Inzko übernimmt, riet Selaković zu „Unparteilichkeit“. Wenn man nämlich eine Lösung für Bosnien-Herzegowina wolle, dürfe man sich nicht „einmischen und Partei ergreifen“.

Die bosnischen Serben hätten „gute Gründe“, warum sie dem Amt des Bosnien-Beauftragten skeptisch gegenüber stehen. Die bisherigen Beauftragten hätten nämlich ihre Befugnisse genutzt, um die Kompetenzen der Republika Srpska einzuschränken, so Selaković, der in diesem Zusammenhang eine Lanze für den Dayton-Friedensvertrag aus dem Jahr 1995 brach. „Der Dayton-Friedensvertrag ist eines der erfolgreichsten Friedensprojekte nicht nur in Europa, sondern weltweit, und wir sollten ihn bewahren.“ Änderungen könne es nur mit Zustimmung aller drei Staatsvölker und beider Entitäten Bosniens geben.