Chronik

„Feuernacht“ jährt sich zum 60. Mal

In der Nacht auf den 12. Juni jährt sich die Südtiroler „Feuernacht“ zum 60. Mal. Die Anschläge des Befreiungsausschusses Südtirol (B.A.S.) erreichten 1961 ihren Höhepunkt. Allein in dieser Nacht wurden 37 Strommasten gesprengt, um die Weltöffentlichkeit auf die Unterdrückung der deutschsprachigen Minderheit in Südtirol aufmerksam zu machen.

Vorangegangen waren Bemühungen Österreichs um die Verwirklichung des Autonomiepakets. An dieser „Feuernacht“ beteiligten sich viele Personen aus einfachen sozialen Verhältnissen. Sprengstoff und den gekonnten Umgang damit hatten sie aus dem Zweiten Weltkrieg. Diese Nacht bedeutete „die große Zäsur“ in vieler Hinsicht: Es folgten Massenverhaftungen, Prozesse und Folterungen. Rom stationierte in Südtirol 25.000 Soldaten. Erst Jahrzehnte später wurde das Zweite Autonomiestatut realisiert.

gesprengte Strommasten Feuernacht 1961
ORF

Demo mündete in „Feuernacht“

In den Jahren zuvor hatte sich die angespannte Situation in Südtirol zunehmend aufgeschaukelt. Es kam zu Ansiedelungen von Italienerinnen und Italienern. Als in Bozen die Nachricht eintraf, dass ein ganzer Stadtteil mit neuen Wohnungen für Zuwanderer errichtet werden sollte, kam es am 17. November 1957 zum „Marsch auf Sigmundskron“.

Unter der Führung des jungen SVP-Obmannes und späteren Landeshauptmannes Silvius Magnago – er regierte die Provinz südlich des Brenners von 1960 bis 1989 – demonstrierten 35.000 für das „Los von Trient“ und forderten Autonomie für Südtirol. Die ersten Anschläge folgten, die schließlich in die „Feuernacht“ mündeten.

140 Verhaftungen

Ein Ziel der Sprengungen in der Nacht auf den 12. Juni war, die Stromzufuhr zur Bozner Industriezone lahmzulegen und unter anderem die Aluminium- und Stahlhochöfen eines dort befindlichen Werkes außer Betrieb zu setzen. Es kam letztlich zu 140 Verhaftungen, die schwere Misshandlungen und Folter der Inhaftierten und letztlich die Verurteilung mehrerer Aktivisten im Mailänder Sprengstoffprozess zur Folge hatten.

Nach der Verbüßung der Haftstrafe besaßen die Verurteilten keine bürgerlichen Rechte. 1991 würdigte Magnago auf einer SVP-Landesversammlung die Attentäter. Bis Ende der 1980er Jahre wurden in den Bombenjahren 361 Anschläge verübt, die insgesamt 21 Tote – davon 15 Angehörige der Ordnungskräfte – und 57 Verletzte zur Folge hatten.

Inwieweit die Anschläge die Südtiroler Autonomiebestrebungen unterstützt oder behindert hatten, ist nach wie vor ein umstrittenes Thema unter Historikern und Gegenstand immer wieder aufkommender politischer Debatten. Bundespräsident Alexander Van der Bellen setzte sich für eine Begnadigung der ehemaligen Aktivisten ein – zuletzt bekundete er das diese Woche im Rahmen eines Staatsbesuchs in Rom, bei dem er sich auch mit Südtiroler Abgeordneten traf.