Chronik

Versöhnungsakt stößt auf Kritik

Der Versöhnungsakt der Staatspräsidenten Sloweniens und Italiens, die bei ihrem Treffen am 13. Juli in Basovizza/ Bazovica bei Triest/ Trst gemeinsam zwei historische Denkmale besuchen werden, sorgt für Kontroversen. In Slowenien reihen sich Aufrufe an Präsident Borut Pahor, die Kranzniederlegung bei der Gedenkstätte für italienische Opfer der jugoslawischen Partisanen abzusagen.

Kritiker befürchten Geschichtsrevisionismus

In Slowenien wird befürchtet, dass Pahor mit dieser Geste italienischem Geschichtsrevisionismus Vorschub leisten könnte. Insbesondere rechtsextreme Politiker könnten diesen Akt für ihre Zwecke instrumentalisieren, hieß es. Einige slowenische Politiker, Historiker, Akademiker und auch ein Teil der in Italien lebenden slowenischen Minderheit haben Pahor deswegen aufgefordert, auf den Besuch der Foiba (Karsthöhle) von Basovizza/ Bazovica zu verzichten.

Der Staatspräsident stimme damit einer Interpretation der Geschichte zu, die nicht auf Versöhnung ausgerichtet sei, sondern eine Revision der Geschichte bedeute, mahnte die Chefin der slowenischen Sozialdemokraten Tanja Fajon. Die Europaabgeordnete mahnte, dass Pahors Geste politisch missbraucht werden könnte. „Wir dürfen nicht riskieren, den Mythen der italienischen extremen Rechten zuzustimmen, die zum Teil des italienischen Kollektivbewusstseins werden könnten“, sagte sei. Slowenische Intellektuelle und Akademiker kritisierten in einem offenen Brief, dass Pahor „das Mahnmal an einem nachgewiesen erfundenen Ort des ‚slowenischen Verbrechens‘ in Basovizza“ würdigen wird.

Pahor schrieb in einer Antwort, dass der Wunsch nach Versöhnung und Freundschaft zwischen Slowenen und Italiener stärker sei als der Schmerz und die Spaltung. Basovizza/ Bazovica sei ein symbolischer Ort des Schmerzes für beide Nationen, die beiden Präsidenten möchten mit ihrem Akt einen neuen Kapitel der gemeinsamen Zukunft öffnen, so der slowenische Präsident. Er findet es symbolisch wichtig, dass die Denkmale erstmals von Präsidenten beider Ländern gemeinsam besucht werden.

In Italien werden mit dem Begriff „Foibe-Massaker“ Kriegsverbrechen an der italienischen Bevölkerung nach dem Zweiten Weltkrieg bezeichnet, die von den jugoslawischen Partisanen aus Rache verübt sein sollen. Tausende Opfer sollen in unzugängliche Karsthöhlen (auf Italienisch Foibe), geworfen worden sein.

Das damalige Geschehen wird vor allem aber von den italienischen Rechtsparteien als Genozid an der italienischen Zivilbevölkerung bezeichnet. Seit 2005 wird mit einem nationalen Gedenktag nicht nur der Foibe-Opfer gedacht, sondern auch Hunderttausender „Esuli“ (Italiener, die nach dem Krieg aus dem früheren Jugoslawien, vor allem Istrien und Dalmatien, vertrieben wurden).

In der Höhle von Basovizza/ Bazovica, einem ehemaligen Minenschacht, in dem sich laut italienischen Deutung tausende Opfer befinden sollen, findet jedes Jahr eine Gedenkfeier statt, die auch regelmäßig von rechtsgerichteten Politikern instrumentalisiert werden. Der damalige konservative EU-Parlamentspräsident Antonio Tajani sprach im Vorjahr in der Gedenkstätte von „Opfern des antiitalienischen Hasses“.

Gemeinsamer Besuch beider Gedenkstätten

Slowenische Historiker widersprechen Darstellungen, dass es sich um eine ethnische Säuberung handelte und stellen das Nachkriegsgeschehen in den Kontext des italienischen Faschismus, unter dem die slowenische Volksgruppe zuvor gelitten hat. Auch eine von den beiden Regierungen 1993 bestellte gemischte Geschichts- und Kulturkommission, die im Jahr 2000 einen gemeinsamen Bericht über die slowenisch-italienischen Beziehungen zwischen 1880-1956 verfasste, stellte keinen Genozid fest. Anders als Slowenien hat Italien den Bericht bisher noch nicht offiziell veröffentlicht.

Auch italienische Angaben über tausende Opfer in der Foiba von Basovizza/ Bazovica werden von der slowenischen Seite zurückgewiesen. In dem Schacht, der auch als Deponie genützt wurde, sollen britische Soldaten nach dem Kriegsende tatsächlich ein Dutzend Leichen gefunden haben. Dabei soll es sich um slowenische und italienische Antifaschisten und deutsche Soldaten gehandelt haben. Die italienische Seite soll sich weigern, den Schacht zu öffnen und untersuchen, um die Opfer nicht zu schänden.

Nicht weit von der italienischen Gedenkstätte befindet sich ein Denkmal für slowenische Opfer des Faschismus. An dem Ort wurden 1930 vier Kämpfer der slowenisch-kroatischen Untergrundorganisation TIGR (Abkürzung für Trst – Istra – Gorica – Rijeka) erschossen, nachdem sie von einem Gericht in Triest/ Trst verurteilt wurden. Die vier Kämpfer wurden zu Helden des slowenischen Antifaschismus.

Auch diese Gedenkstätte wollen Pahor und Mattarella gemeinsam besuchen. Anlass für das Gedenken ist der 100. Jahrestag des ersten faschistischen Verbrechens in Europa der Zwischenkriegszeit, die Zerstörung des slowenischen Volkshauses (Narodni dom) in Triest/ Trst am 13. Juli 1920. Faschisten hatten das Gebäude in der Innenstadt Triests/ Trst damals niedergebrannt. Nun wird das mittlerweile wiederaufgebaute Gebäude unter den Augen der beiden Präsidenten der slowenischen Volksgruppe in Italien offiziell zurückgegeben.

Pahor kommt auch nach Klagenfurt/ Celovec

Pahor ist auch die Aufarbeitung der österreichisch-slowenischen Geschichte ein Anliegen. So gab er am Mittwoch nach einem Treffen mit Bundespräsident Alexander Van der Bellen bekannt, dass er am 10. Oktober zur Feier des 100. Jahrestags der Kärntner Volksabstimmung nach Klagenfurt kommen wird. Die Volksabstimmung gilt als traumatisches Ereignis für Slowenien, stimmte doch damals das mehrheitlich von Slowenen bewohnte Südkärnten gegen die Angliederung an das damalige Königreich der Serben, Kroatien und Slowenen und den Verbleib bei Österreich.