CHRONIK

Kritik an Urteilsaufhebung

Das Simon-Wiesenthal-Zentrum hat die Aufhebung eines Urteils gegen den slowenischen General Leon Rupnik (1880-1946), der während des Zweiten Weltkrieges mit den Besatzungsmächten kollaboriert hatte, scharf kritisiert.

Sloweniens Oberster Gerichtshof annullierte vergangene Woche das Urteil eines Kriegsgerichts aus dem Jahr 1946, das Rupnik wegen Hochverrats zum Tod durch Erschießen verurteilt hatte.

Leon Rupnik in nacisti.
rtvslo.si / YouTube

Rupnik, ein ehemaliger General der königlich-jugoslawischen Armee, war von 1943 bis 1945 Präsident der von der deutschen Besatzungsmacht kontrollierten Laibacher Provinz, davor wurde er 1942 unter der italienischen Besatzung zum Bürgermeister von Ljubljana (Laibach) bestellt. Nach der Kapitulation Italiens begründete er die antikommunistische und katholische Heimwehr (Domobranzen), die mit den Deutschen kollaborierte, mit. Er war auch Generalinspektor dieser Heimwehr (1944-1945).

„Schockierende Verzerrung der Holocaust-Geschichte“

Laut dem Wiesenthal-Zentrum spielte Rupnik, der in der Mitteilung als „notorischer Antisemit“ bezeichnet wird, eine wesentliche Rolle bei der Verhaftung und Deportation von Juden aus Ljubljana in den Jahren 1943 und 1944. „Diese schändliche Entscheidung bedeutet eine schockierende Verzerrung der Geschichte des Holocaust und eine entsetzliche Beleidigung von Rupniks vielen Opfern und deren Familien“, betonte der Leiter des Zentrums, Efraim Zuroff.

Protest gegen die Annullierung des Urteils gab es auch in Slowenien. Das Jüdische Kulturzentrum aus Ljubljana reagierte mit „Empörung und Sorge“ auf die Entscheidung des Höchstgerichts. Das sei „der erste Schritt der politisch motivierten Bestrebungen zur Rehabilitierung des kriminellen Kollaborateurregimes während des Zweiten Weltkrieges“, hieß es. Auch Veteranen des Zweiten Weltkrieges zeigten sich empört und betonten, dass es reichlich Beweise dafür gebe, dass Rupnik aktiv mit italienischen und deutschen Besatzern zusammengearbeitet habe.

Laut slowenischen Medienberichten wurde das Urteil gegen Rupnik nach der Berufung eines seiner Verwandten, angeblich des Enkelsohnes, aufgehoben. Der Oberste Gerichtshof begründete die Annullierung damit, dass das Urteil nicht im Einklang mit den damaligen Rechtsgrundsätzen stehe. Wie der Rechtsexperte Miha Hafner von der Juristischen Fakultät in Ljubljana gegenüber der Nachrichtenagentur STA betonte, bedeute die Aufhebung des Urteils keine Rehabilitierung Rupniks.

Das Höchstgericht hat die Verurteilung nicht inhaltlich unter die Lupe genommen, laut Rechtsexperten wurden aber einige Verfahrensfehler festgestellt, die schon nach damaligen Rechtsgrundsätzen eine wesentliche Verfahrensverletzung darstellten. Der Oberste Gerichtshof ordnete eine Neuaufrollung des Prozesses gegen Rupnik an, wozu es jedoch nicht kommen kann, weil gegen Verstorbene kein Prozess erlaubt ist. Im Prozess gestand Rupnik laut Medien die Kollaboration.

Zu Kriegsende flüchtete Rupnik nach Österreich, wurde jedoch von den Briten 1946 wieder an das damalige Jugoslawien ausgeliefert. Zusammen mit dem SS-Obergruppenführer Erwin Rösener und weiteren Angeklagten wurde er 1946 vor Gericht gestellt.