GERICHT

Der Schwund der Gerichtsdolmetscher

Justizbehörden sehen den Rechtsstaat in Gefahr. An allen Ecken und Enden wird gespart, Posten werden nicht nachbesetzt. Vom „Notstand an den Gerichten“ und „stillen Tod der Justiz“ ist die Rede. Wie genau sich das in der Praxis äußert, zeigt sich besonders an den zertifizierten Gerichtsdolmetschern und -dolmetscherinnen.

Gerichte und Behörden, wie etwa die Polizei, greifen auf Dolmetscher zurück, wenn Zeugen oder Verdächtige kaum oder gar nicht Deutsch sprechen. Das ist in der Strafprozessordnung im Paragraf 56 geregelt. Zumeist werden zertifizierte Sprachmittler geholt, also jene, die eine mehrjährige Ausbildung hinter sich haben und eine Prüfung ablegten. Doch seit Jahren wenden sich Richter und die Polizei an Dolmetscher, die nicht zertifiziert sind und die Usancen der Justiz nicht kennen. Der Grund: Österreich gehen die Zertifizierten aus.

In den vergangenen 13 Jahren hat sich die Zahl der Dolmetscher laut dem Verband der allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Gerichtsdolmetscher (ÖVGD) halbiert. 2006 zählte man bundesweit 1.400 qualifizierte Sprachmittler, heute noch etwa mehr als 720, die den per Bundesgesetz geregelten Anforderungen entsprechen. Die Zahl wird in naher Zukunft aber nicht steigen. Der Altersschnitt im ÖVGD, wo 530 Gerichtsdolmetscher Mitglied sind, liegt bei 60 Jahren. Viele stehen vor der Pension, aber Nachwuchs ist kaum vorhanden.