Revisionismus: Slowenien und Kroatien empört

Italienische Politiker, darunter Vizepremier Matteo Salvini und der EU-Parlamentspräsident Antonio Tajani, haben mit ihren Aussagen anlässlich einer Gedenkfeier in Basovizza/ Bazovica bei Triest/ Trst für die Opfer der sogenannten Foibe-Massaker (1943-1945) scharfe Reaktionen in Slowenien und Kroatien ausgelöst. Harsche Kritik wegen Geschichtsrevisionismus erntete vor allem Tajani.

Tajani: „Opfer des antiitalienischen Hasses“

Bei einer Gedenkfeier am Sonntag sprach Tajani in Basovizza/ Bazovica über „tausende unschuldige Opfer, die getötet wurden, weil sie Italiener waren“. Er bezeichnete sie als „Opfer des antiitalienischen Hasses“. Seine Rede beendete er mit den Worten: „Es lebe Triest. Es lebe das italienische Istrien, es lebe das italienische Dalmatien.“ Italiens Vize-Ministerpräsident Salvini hat unterdessen die Foibe-Opfer mit den Opfern von Auschwitz verglichen.

Die Gedenkfeier in Basovizza/ Bazovica fand anlässlich des 2005 eingeführten Gedenktages statt, an dem in Italien nicht nur der Opfer der Foibe-Massaker (Angehörige der italienischen Volksgruppe und antikommunistische Slowenen, die zu Ende und nach dem Zweiten Weltkrieg von jugoslawischen Partisanen getötet wurden) gedacht wird, sondern auch Hunderttausender „Esuli“ (Italiener, die nach dem Krieg aus dem früheren Jugoslawien, vor allem Istrien und Dalmatien, vertrieben wurden).

Scharfe Reatkionen aus Slowenien und Kroatien

In Slowenien und Kroatien, wo die einheimische Bevölkerung unter dem italienischen Faschismus gelitten hatte, lösten die Aussagen scharfe Reaktionen aus. „Wir lehnen eine derartige Verfälschung der Geschichte ab“, sagte der slowenische Außenminister Miro Cerar laut Medien am Montag. Tajanis Aussagen seien „inakzeptabel und unerhört“, kritisierte er. „Solche Aussagen erwecken Angst“, betonte Cerar und kündigte an, beim EU-Parlamentspräsidenten in einem Brief zu protestieren.

Das slowenische Außenamt protestierte in einer Mitteilung wegen „einseitiger und selektiver Interpretierung“ von historischen Ereignissen im slowenisch-italienischen Grenzgebiet. Sloweniens Premier Marjan Šarec sprach via Twitter von „beispiellosem historischen Revisionismus“. „Der Faschismus war eine Tatsache und hatte die Zerstörung des slowenischen Volkes zum Ziel“, schrieb Šarec.

Pahor: „Inakzeptable Aussagen“

Staatspräsident Borut Pahor zeigte sich in einem Brief an seinen italienischen Amtskollegen Sergio Mattarella besorgt über „inakzeptable Aussagen“ von hochrangigen Vertretern Italiens, „die den Eindruck erwecken wollen, dass es sich bei den Foibe-Massakern um ethnische Säuberung handelte“. In einer Zeit, in der sich der europäische Konzept des Zusammenlebens und Einheit verschlechtere, seien derartige Positionen besonders besorgniserregend, mahnte Pahor. Auch Parlamentspräsident Dejan Židan sowie sozialdemokratische und liberale EU-Abgeordnete verurteilten die Aussagen.

In Kroatien sorgte vor allem der Bezug auf ein „italienisches“ Istrien und Dalmatien für große Aufregung. „Diese beiden kroatische Regionen wissen gut, was der italienische Terror bedeutet“, betonte die EU-Abgeordnete Ruža Tomašić (Europäische Konservative und Reformer) via Twitter. Istrien gehörte in der Zwischenkriegszeit zu Italien, im Zweiten Weltkrieg wurden auch Teile Sloweniens und Dalmatiens zeitweilig annektiert.

Die sozialdemokratische EU-Abgeordnete Biljana Borzan appellierte an ihre kroatische Kollegen im Europaparlament, gemeinsam auf die revisionistischen Aussagen von Tajani zu reagieren. Auch Kroatiens Premier Andrej Plenković verurteilte dessen Aussagen und protestierte dagegen in einem persönlichen Gespräch mit Tajani, wie kroatische Medien berichteten.

Meldung in slowenischer Sprache