Mateja Koležnik inszeniert in Wien

Die slowenische Regisseurin Mateja Koležnik nähert sich erstmals Arthur Schnitzler. Am Donnerstag hat ihre Inszenierung von „Der einsame Weg“ im Theater in der Josefstadt Premiere. Für ihre diesjährige Inszenierung von „Iwanow“ am Stadttheater in Klagenfurt/ Celovec bekommt sie den Nestroy-Preis.

Koležnik spürt „große Verantwortung“

„Hedda Gabler“ und „John Gabriel Borkman“ in Maribor, „Nora“ in Klagenfurt/ Celovec, „Die Wildente“ an der Josefstadt, „Ein Volksfeind“ in München - Mateja Koležnik hat den Stückekosmos des großen Norwegers Henrik Ibsen ziemlich durchschritten. Nun nähert sich die Regisseurin erstmals dem Planeten Schnitzler. Am Donnerstag hat ihre Inszenierung von „Der einsame Weg“ im Theater in der Josefstadt Premiere.

„Ich spüre eine große Verantwortung, weil ich meinen ersten Schnitzler ausgerechnet in Österreich mache, in einem Umfeld, wo sowohl die Schauspieler als auch das Publikum eine besondere Beziehung zu diesem Autor haben“, gesteht die Slowenin im Gespräch mit der APA ein. „Die Angst, ob der eingeschlagene Weg auch wirklich der Richtige war, ist groß. Einerseits möchte man in gewisser Weise die Tradition respektieren, andererseits möchte man einen fremden Blick einbringen. Deswegen bin ich sehr froh, mit welcher Offenheit und Aufrichtigkeit sich mein Ensemble auf unsere Arbeit eingelassen hat.“

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Markante Bühnen-Settings als Markenzeichen

Ein Markenzeichen der 56-Jährigen, die in Ljubljana Philosophie und Literaturwissenschaft studiert hatte, ehe sie eine Regiekarriere einschlug, sind markante Bühnen-Settings: aus dem Lot geratene Wohn-Würfel, steile Treppen, wie Vitrinen wirkende Gänge. Ihrem Prinzip, die Räume eng zu machen, um die Figuren aufeinanderprallen zu lassen, wird sie auch diesmal treu bleiben. „Wir haben acht Schauspieler. Der neunte Schauspieler ist die Bühne. Sie wird sich in jeder Szene verändern und dadurch immer wieder einen neuen Raum eröffnen.“

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Brücke zwischen 1900 und der Gegenwart

„Die Herausforderung war es diesmal, einen gemeinsamen Punkt zu finden, der alle Figuren verbindet.“ Und so hat Mateja Koležnik in dem so melancholisch wirkenden Stück das „Drama meiner eigenen Generation“ entdeckt. Der Maler Fichtner (gespielt von Ulrich Reinthaller), der Akademieprofessor Wegrat (Marcus Bluhm), der todkranke frühere Offizier von Sala (Bernhard Schir) - „sie stehen alle an einem Punkt ihres Lebens, an dem sie mit dem Sinn des Lebens konfrontiert werden, an dem sie sich Rechenschaft ablegen, Bilanz ziehen. Sie sind in der Midlife Crisis und stellen sich jene Frage, die sich alle Menschen um die 50 stellen: Was ist aus mir geworden? Wenn man dabei feststellen muss, dass sich die Welt verändert, aber man selbst diese Welt nicht mehr verändern kann, muss diese Abrechnung pessimistisch ausfallen.“

Genau hier schlägt Koležnik auch die Brücke zwischen der pessimistischen Grundstimmung der Zeit um 1900 („Der einsame Weg“ wurde 1904 uraufgeführt), als sich der Epochenbruch des Ersten Weltkriegs bereits abzuzeichnen begann, und der Gegenwart. „Ich finde tatsächlich, dass die damalige Zeit der unseren unglaublich ähnelt. Es riecht heute stark nach Veränderung. Deswegen ist es für junge Leute heute so schwer, optimistisch in die Zukunft zu schauen.“ Die titelgebende bittere Erkenntnis, die nach dem Vergleich unterschiedlicher Lebensmodelle die Figuren des Stückes ziehen müssen, spricht Stephan von Sala aus: „Den Weg hinab gehen wir alle allein.“

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Nestroy-Preis für „Iwanow“

Der Weg, den die Regisseurin zwei Tage nach ihrer Premiere gehen wird, ist dagegen weder einsam noch unerfreulich: Er führt sie ins Theater an der Wien, wo am Samstag die Nestroy-Preise vergeben werden. Nach der Regie-Nominierung für ihre „Wildente“ ist sie heuer bereits zum zweiten Mal nominiert, diesmal mit ihrem Klagenfurter „Iwanow“ in der Kategorie „Beste Bundesländer-Aufführung“. Haben solche Auszeichnungen für sie überhaupt eine Bedeutung? „Jeder Preis ist gleichzeitig eine enorme Ehre und eine unglaubliche Verantwortung. Aber ich weiß mittlerweile, wie außerordentlich ephemer das Metier ist, in dem ich arbeite. Bei jedem neuen Projekt steht man wieder ganz am Anfang.“

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Koležnik hofft auf Zusammenarbeit mit Kušej

Da liegt die Frage auf der Hand: Was wird das nächste Projekt sein? „Ich mache Grillparzers ‚Medea‘ in Stuttgart. Schon wieder ein Österreicher!“, lacht Koležnik. "Grillparzer mag ich sehr gerne. Im Gegensatz zu Schnitzler hat er auch starke Frauenfiguren geschrieben. Martin Kušejs Salzburger „König Ottokar“-Inszenierung 2005 habe sie fasziniert, sagt die Regisseurin, die auch mehrfach an dem von Kušej geleiteten Münchner Residenztheater gearbeitet hat.

Stimmen die Vermutungen und wird sie unter seiner Intendanz künftig am Burgtheater arbeiten? Koležnik schmunzelt vielsagend: „Ich hoffe es. Als Studentin bin ich viel zu Aufführungen an deutschsprachigen Theatern gepilgert. Da war das Burgtheater ein wichtiger Wallfahrtsort für mich. Es würde mir viel bedeuten, dort etwas machen zu können. Und noch mehr, wenn das dann kein Flop würde...“

Siehe Meldung vom 04.05.2018