Fünf-Parteien-Minderheitsregierung kommt

Marjan Šarec, mit seiner Liste Zweiter der slowenischen Parlamentswahl im Juni, soll am Mittwoch dem Parlament in Ljubljana als Regierungschef vorgeschlagen werden. Er wird einer Fünf-Parteien-Minderheitsregierung vorstehen.

Im Wahlkampf wurde Marjan Šarec nicht müde, das verkrustete slowenische Polit-Establishment anzuprangern. Man habe zwei Jahrzehnte verloren, nichts sei unter den vielen Koalitionsregierungen weitergegangen, klagte der Ex-Comedian gebetsmühlenartig. Jetzt muss ausgerechnet er den größten Flohzirkus der slowenischen Polit-Geschichte leiten: Eine aus fünf Parteien bestehende Minderheitsregierung.

Bei der Präsidentenwahl im vergangenen Jahr hatte der damalige Bürgermeister der Kleinstadt Kamnik den hoch favorisierten Amtsinhaber Borut Pahor überraschend in die Stichwahl gezwungen und beinahe entthront. Eine seriöse und verantwortungsvolle Politik stellte der frühere Politikerimitator damals dem „Instagram-Präsidenten“ entgegen, und versprach zugleich umfassende Reformen einschließlich einer Stärkung der Position des Regierungschefs.

Šarec hatte damals schon den Blick auf die Parlamentswahlen gerichtet, bei der er mit seiner Namensliste antrat. Zunächst in den Umfragen vorne, ging das Kalkül des 40-Jährigen nicht ganz auf. Nachdem die Slowenen zwei Mal hintereinander Parteigründern mit bekannten Namen - zunächst dem Bürgermeister von Ljubljana, Zoran Janković, und dann dem angesehenen Verfassungsrechtler Miro Cerar - Erdrutschsiege beschert hatten, folgten sie Šarec nicht mehr so enthusiastisch.

Die Liste Marjan Šarec (LMŠ) landete bei der Parlamentswahl am 3. Juni mit 13 von 90 Mandaten ziemlich abgeschlagen auf dem zweiten Platz hinter der konservativen Demokratischen Partei (SDS) von Langzeit-Oppositionsführer Janez Janša mit 25 Mandaten. Dieser hatte sich aber ins politische Out geschossen, indem er im Wahlkampf allzu intensiv mit dem autoritären ungarischen Machthaber Viktor Orban und seiner Flüchtlingspolitik liebäugelte. Lediglich die christdemokratische Partei „Neues Slowenien“ (NSi) und die nationalistische Nationalpartei (SNS) waren zu Koalitionsgesprächen mit Janša bereit, der den Regierungsbildungsauftrag gar nicht erst annahm.

Šarec tönte dagegen schon am Wahlabend: „Wenn sich alle daran halten, was sie vor den Wahlen gesagt haben, rechne ich damit, dass wir die Gelegenheit zur Regierungsbildung bekommen.“ Freilich erwiesen sich die Sondierungsgespräche schwerer als erwartet, da das slowenische Parlament mit neun Parteien so zersplittert ist wie nie zuvor. Um über die magische Zahl von 46 Mandaten zu kommen, musste Šarec mindestens fünf Parteien auf seine Seite ziehen.

Letztlich sind es vier geworden, die Sozialdemokraten (SD), die Partei des modernen Zentrums (SMC) des amtierenden Premiers Cerar, die Partei von Ex-Ministerpräsidentin Alenka Bratušek (SAB) sowie die Demokratische Pensionistenpartei (DeSUS) von Außenminister Karl Erjavec. Sie einigten sich am Montagnachmittag nach stundenlangen Beratungen auf ein Koalitionsabkommen mit der LMŠ.

Ursprünglich wollte Šarec auch die Christdemokraten ins Boot holen, doch stiegen diese aus den Koalitionsgesprächen aus - um nicht von den vier anderen Parteien gegen die Linke ausgespielt zu werden. Doch auch diese verzichtete auf einen Regierungseintritt, weil ihre wirtschafts- und sozialpolitischen Forderungen ebenso wie jene nach einem NATO-Austrittsreferendum nicht zu erfüllen waren. Freilich hat Linken-Chef Luka Mesec klar gemacht, dass er die Regierung Šarec tolerieren will.

Die fünf Parteien, die gemeinsam 43 der 90 Mandate stellen, wollen Šarec am Mittwoch offiziell zum Regierungschef nominieren. An seiner Wahl durch das Parlament hegen Beobachter keinen Zweifel. Schafft er die erforderliche absolute Mehrheit nicht, dürfte es im zweiten Versuch für die relative Mehrheit reichen. Wie es danach weitergeht, ist freilich offen. Ohne eigene Mehrheit droht dem Kabinett bei jeder Abstimmung der Sturz. Während Šarec keine Erfahrung in der nationalen Politik hat, sitzen mit Cerar und Bratušek gleich zwei ehemalige Regierungschefs am Kabinettstisch.

Die größte Hoffnung für Šarec ist der dritte Ex-Premier: Janez Janša. Der konservative Oppositionsführer wäre nämlich nach Einschätzung vieler Beobachter der Nutznießer vorgezogener Neuwahlen, bei denen insbesondere die Liste Bratušek und die Pensionistenpartei um ihren Verbleib im Parlament zittern müssten. Gerade letztere war aber in den vergangenen Regierungen die „aufmüpfigste“. Die Angst vor dem politischen Aus könnte die Pensionistenpartei gefügiger machen. Der größte Vorteil einer Minderheitsregierung ist schließlich, das mangels Mehrheit keiner der Koalitionspartner den Regierungschef erpressen kann.

Siehe Meldung vom 07.08.2018