Spannungen zwischen Kroatien und Serbien

Der serbische Staatschef Aleksandar Vučić hat Kroatien mit Hitler-Deutschland verglichen und damit die ohnehin schwierigen Beziehungen zum Nachbarland weiter belastet. Aus Zagreb kam am Dienstag scharfe Kritik.

Die kroatische Präsidentin Kolinda Grabar-Kitarović dürfte laut Medienberichten auf ihren Serbien-Besuch verzichten. Vučić denkt nicht an eine Entschuldigung und sein Außenminister legte nach.

Der serbische Präsident stellte nach eigenen Angaben den Hitler-Vergleich an, weil die Kroaten am Ende des Bürgerkrieges (1991-1995) über 200.000 Serben vertrieben hatten. „Hitler wollte eine Welt ohne Juden, Kroatien ein Kroatien ohne Serben“, zitierten die Medien den Spitzenpolitiker am Sonntag in Belgrad: „In beiden Fällen wurde eine Endlösung verlangt.“ Die Aussagen tätigte er am Vorabend auf der Gedenkfeier zum Jahrestag der Militäraktion „Oluja“ (Gewittersturm), mit der die serbisch besetzten Landesteile rückerobert wurden, in Bačka Palanka nordwestlich von Belgrad.

Die Aussagen von Vučić seien „böswillig und vollkommen unbegründet“ und ein „verdrehtes Argument“, hieß es am Dienstag aus dem Außenministerium in Zagreb. „Ausgerechnet das Regime des früheren serbischen Präsidenten Slobodan Milošević ist mit Hilfe der Jugoslawischen Volksarme und einem Teil der kroatischen und bosnischen Serben für die Rückkehr von ethnischer Säuberung nach Europa nach dem Zweiten Weltkrieg verantwortlich“, kritisierte das Amt weiter, und: Das Milošević-Regime wollte ein „ethnisch sauberes Großserbien“. Dass für die damaligen serbischen Expansionsziele „alle Mittel eingesetzt, auch ethnische Säuberung und Genozid“ durchgeführt wurden, stellten laut dem Außenministerium „relevante internationale Foren und Gerichte klar“ fest.

Auch der kroatische Regierungschef Andrej Plenković, der die Aussagen des serbischen Staatschefs als eine „große Übertreibung“ bezeichnete, wies bereits am Sonntag darauf hin, dass die Aggression in Kroatien von Milošević ausgegangen sei. Die kroatische Präsidentin Grabar-Kitarović dürfte wegen der Aussagen ihres serbischen Kollegen vorerst auf einen Gegenbesuch in Serbien verzichten, berichtete die Tageszeitung „Jutarnji list“ unter Berufung auf einen anonymen hochrangigen Beamten. Seiner Ansicht nach, „steht uns eine tiefe Abkühlung der Beziehungen mit Serbien auf unbestimmte Zeit bevor“.

In Serbien legte unterdessen Außenminister Ivica Dačić bereits am Montag nach. Er bezeichnete die kroatische Militäraktion als die größte ethnische Säuberung in Europa nach dem Zweiten Weltkrieg. „Kroatien ist möglicherweise das einzige EU-Land und wahrscheinlich auch das einzige in Europa, das ethnische Säuberung zelebriert“, sagte Dačić laut Medien. Er wies die Vorwürfe über die großserbische Aggression auf Kroatien zurück.

Auch der serbische Präsident Vučić will sich für seinen Hitler-Vergleich trotz der Kritik aus Zagreb nicht entschuldigen. Er habe anständig gesprochen, keinen faschistischen Gruß vorgetragen, sagte Vučić am Dienstag bei einer Pressekonferenz. Damit spielte er auf ein kürzliches Konzert des kontroversen kroatischen Sängers Marko Perković „Thompson“ an. Dort war laut Belgrader Medienberichten bei einem Konzert in Glilna am Sonntagabend erneut der faschistische Ustascha-Gruß „Za dom spremni“ („Für die Heimat bereit“) zu hören.

Vučić betonte auch, sein Wunsch nach einer besseren Beziehung zu Kroatien bliebe erhalten. Er selbst hatte nach seinem ersten Besuch in Zagreb im Februar die serbischen Regierungsmitglieder verpflichtet, 100 Tage auf beleidigende Kommentare gegenüber Kroatien zu verzichten. Gemeint waren dabei vor allem Verteidigungsminister Aleksandar Vulin und Außenminister Dačić. Nun goss Vučić selber Öl ins Feuer.

Siehe Meldung vom 06.08.2018