Auch heuer Boykott der Gedenkfeier

In Kroatien finden zum Gedenken an die Opfer des Vernichtungslagers Jasenovac (1941-1945) auch heuer wieder drei Gedenkfeiern statt. Zum dritten Jahr in Folge boykottieren die Opferorganisationen die zentrale staatliche Zeremonie am Sonntag.

Sie protestieren damit gegen die Relativierung der faschistischen Ustascha-Bewegung, gegenüber der die kroatische Behörden zu viel Toleranz zeigen würden.

Die jüdischen Gemeinden hielten ihre Gedenkfeier in Jasenovac bereits am vergangenen Sonntag ab. Die serbischen und antifaschistischen Organisationen werden den Gedenktag laut Medien am Samstag begehen, einen Tag bevor in der Gedenkstätte die staatliche Zeremonie stattfindet.

Der Vorsitzende der Koordination Jüdischer Gemeinden in Kroatien, Ognjen Kraus, kritisierte den Vorschlag, den verfassungswidrigen Ustascha-Gruß „Za dom spremni“ (Für die Heimat bereit) in Ausnahmefällen zu erlauben, als skandalös, berichtete die Nachrichtenagentur Hina. „Für uns ist jede Anwendung und jede Form des Aufrufs ‚Za dom spremni‘ inakzeptabel“, betonte er und rief die kroatische Regierung und das Parlament auf, sich an die Verfassung zu halten.

In März hatte eine von der Regierung bestellte Expertenkommission zur Aufarbeitung der Folgen des undemokratischen Regimes bestätigt, dass der Aufruf verfassungswidrig sei. Sie empfahl jedoch eine Ausnahme für die rechte paramilitärische Gruppe HOS aus dem Kroatienkrieg (1991-1995), die diese Parole auf ihrem Emblem hat. Demnach soll das HOS-Emblem erlaubt und nur bei Gedenkfeiern verwendet werden dürfen.

In Kroatien wird der Gebrauch von Ustascha-Symbolen von der Politik schweigend geduldet. Bei Fußballfans gehört der Gruß zum Standard-Repertoire, immer öfter wird er auch bei Kundgebungen von Ultrakonservativen verwendet. Auch bei dem Protest gegen die Ratifizierung der Istanbul-Konvention zum Schutz von Frauen, der vergangene Woche in Split abgehalten wurde, war die verbotene Parole laut Medienberichten zu hören.

„Die jüdische Gemeinde kann eine Revision der Geschichte nicht akzeptieren“, sagte Kraus bei der Gedenkfeier am Sonntag. „Der NDH (der faschistische ‚Unabhängige Staat Kroatien‘, Anm.) war der einzige Staat in Europa, der Rassengesetze nach dem nazistischen Vorbild hatte“, rief Kraus in Erinnerung.

Als Vasallenstaat Hitler-Deutschlands bestand der NDH von 1941 bis 1945. Sein Vernichtungslager in Jasenovac, rund 100 Kilometer südöstlich von Zagreb, gehörte zu den größten Lagern dieser Art in Europa. Historiker sind uneins über die Zahl der Opfer, die dort umkamen. Während das Museum von Jasenovac die Zahl der Opfer mit rund 83.000 angibt, gehen serbische Quellen von 700.000 Opfern aus. Das Holocaust-Museum in Washington schätzt die Zahl auf 100.000. Die meisten Opfer waren Serben, Roma und Juden, aber auch antifaschistische Kroaten.

Der Gedenktag erinnert an einen Fluchtversuch am 22. April 1945. Nachdem die Ustascha begonnen hatten, das Lager in Jasenovac zu zerstören und die Gefangenen zu töten, kam es zum Fluchtversuch, den nur 90 von 600 Häftlingen überlebten.