Notfälle bei Geburt: Kooperation mit Bratislava

Weil es im Landesklinikum Hainburg keine Neonatologie gibt, müssen Neugeborene bei Notfällen in das 74 Kilometer entfernte Mistelbach überstellt werden. Eine Kooperation mit Bratislava soll nun raschere Hilfe ermöglichen.

Im Landesklinikum Hainburg (Bezirk Bruck an der Leitha) kommen auf der geburtshilflichen Abteilung jährlich etwa 700 Kinder zur Welt. In fünf bis zehn Fällen treten dabei Komplikationen auf, für die Hainburg als sogenanntes Grundversorgungskrankenhaus aber nicht entsprechend ausgerüstet ist. Es gibt zwar eine Kinderärztin, jedoch keine Neonatologie, auf der Neugeborene intensivmedizinisch behandelt werden können.

Auftaktveranstaltung für „Bridges for Birth“ in Hainburg

Antal

Auftaktveranstaltung für „Bridges for Birth“ in Hainburg

„Kinder müssen unmittelbar transferiert werden“

„Der akute Notfall unmittelbar nach der Geburt ist der, wenn Kinder nicht selbstständig atmen, wenn es zu einem Herzstillstand kommt und eine Reanimation stattfindet. Das ist der dramatischste Notfall schlechthin. Diese Kinder müssen unmittelbar und sehr schnell transferiert werden“, so Seline Rackl, stellvertretende Leiterin der Geburtshilfe-Abteilung im Landesklinikum Hainburg.

Bislang wurden Neugeborene bei derartigen Notfällen nach Mistelbach oder in das SMZ Ost nach Wien gebracht. „Wenn dort keine Kapazität vorhanden war, haben wir suchen müssen. Diese Suche hat sich oft sehr, sehr schwierig gestaltet. Da vergeht oft viel Zeit bis wir ein geeignetes Krankenhaus finden“, sagt Rackl. Dabei ist rasche Hilfe gerade bei neonatologischen Notfällen besonders gefragt. „Der Faktor Zeit ist in der Reanimationssituation unendlich wichtig. Je schneller das Kind einer adäquaten Versorgung zugeführt wird, desto besser ist es natürlich für das Outcome des Kindes“, so Rackl.

Die „Geburtsstunde“ für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit mit dem Nationalen Institut für Kinderkrankheiten in Bratislava entstand aus einem solchen Notfall heraus, bei der sich die Suche nach einem Krankenhaus schwierig gestaltete. Eine Frau in der 27. Schwangerschaftswoche stand kurz vor der Geburt, schilderte Rackl bei der Auftaktveranstaltung für das Projekt „Bridges for Birth“. Zu diesem Zeitpunkt seien Neugeborene „gerade einmal lebensfähig“. In Mistelbach hatte man keinen Platz. So entstand erstmals die Idee einer Zusammenarbeit mit Bratislava, das in Sichtweite des Klinikums Hainburg liegt.

Es dauerte allerdings sieben Jahre bis das Projekt im Juni 2018 tatsächlich anlief. Projektpartner sind das slowakische Gesundheitsministerium, der NÖ Gesundheits- und Sozialfonds (NÖGUS) und das Landesklinikum Hainburg. Das Budget beträgt 426.600 Euro und wird zu 85 Prozent von der Europäischen Union (EU) kofinanziert.

Rettungsfahrten nach Bratislava noch nicht möglich

Derzeit sind grenzüberschreitende Rettungstransporte von Hainburg nach Bratislava aber noch nicht möglich. „Wir müssen zunächst die Rahmenbedingungen rechtlicher Art klären“, sagt Lukas Koppensteiner, Ärztlicher Direktor im Landesklinikum Hainburg. „Es muss der Transport geklärt werden. Die Voraussetzung, dass Rettungstransporte die Grenze nicht überschreiten dürfen, ist zu nehmen. Die Art der Versorgung, die Administration - all diese Dinge, an denen es momentan noch scheitert, sind zu regeln, bevor wir tatsächlich ein Kind in die Kompetenz der neonatologischen Intensivabteilung von Kramáre (Nationales Institut für Kinderkrankheiten in Bratislava; Anm.) übertragen können.“

Ziel ist, bis Oktober 2020 fünf Kinder, bei denen es in Hainburg bei der Geburt zu Komplikationen kommt, nach Bratislava zu überstellen. Bis dahin ist das Projekt „Bridges for Birth“ anberaumt, die Zusammenarbeit in der Geburtshilfe soll - wie am Montag sowohl von österreichischer als auch slowakischer Seite mehrmals betont wurde - aber eine langfristige und auch nur der erste Schritt sein.

„30 Jahre nach dem Fall des Eisernen Vorhanges ist es etwas ganz Besonderes, wenn wir die Grenzen soweit abgebaut haben, dass wir bereit sind, unsere Gesundheit dem Nachbarn anzuvertrauen“, sagt der Vorsitzendes des NÖ Gesundheits- und Sozialfonds (NÖGUS), Landesrat Martin Eichtinger (ÖVP). Der Staatssekretär des Gesundheitsministeriums der Slowakischen Republik, Stanislav Špánik, meint: „Wir leben in einer Zeit, in der wir Zeugen immer stärkerer Mobilität werden. Das verlangt nach einer engeren Verknüpfung zwischen den beiden Ländern.“

Dass Gesundheit - und hier speziell die Geburtshilfe - keine Grenzen kennt, merkt man im Landesklinikum Hainburg übrigens schon jetzt. Der Anteil der slowakischen Staatsbürger an den Neugeborenen ist mittlerweile auf ein Drittel gestiegen. Die Hälfte davon hat ihren Wohnsitz in Österreich.

Quelle: noe.ORF.at