Slowakei Bratislava
ORF
ORF
Politik

Slowakische Präsidentin kündigt Expertenregierung an

Die slowakische Präsidentin Zuzana Čaputová hat am Sonntag die Bildung einer Regierung aus Experten und Beamten angekündigt. Diese stehe unter der Leitung des Finanzexperten Ľudovít Ódor. Der 46-Jährige ist derzeit Vize-Gouverneur der Slowakischen Nationalbank NBS.

Die Minister seien zwar bereits ausgewählt, aber ihre Ernennung erfolge erst in der Woche ab 15. Mai, weil sie davor noch die Parlamentsparteien informieren wolle, sagte die Präsidentin in Bratislava. Bis dahin habe der kommissarisch amtierende Ministerpräsident Eduard Heger die Pflicht, seine Arbeit fortzusetzen.

Die konservativ-populistische Regierung unter Hegers Führung gehört zu den entschlossensten militärischen Unterstützern des von Russland angegriffenen Nachbarlands Ukraine. Sie verlor aber schon im Sommer 2022 ihre Parlamentsmehrheit und im Dezember auch noch ein Misstrauensvotum. Dennoch gelang es ihr, die eigentlich nach einem Sturz der Regierung vorgesehenen Neuwahlen bis Ende September hinauszuzögern.

Der Regierung würden Experten angehören, die nicht die Absicht hätten, bei der Parlamentswahl am 30. September zu kandidieren, sagte Čaputová. Damit solle ausgeschlossen werden, dass jemand die vorübergehende Regierungsfunktion zu Wahlkampfzwecken missbrauche. Čaputová tritt ebenso wie Heger für eine militärische Unterstützung der Ukraine ein. Daher wird vorerst nicht erwartet, dass sich der außenpolitische Kurs der Slowakei ändert.

Am Sonntagvormittag hatte Heger kurz vor einem angekündigten Gesprächstermin mit Čaputová seinen Rücktritt angekündigt. Als Grund nannte er, dass die Präsidentin keinen seiner Vorschläge akzeptiert habe, wie er die Regierung in der aktuellen politischen Krise nach dem Rücktritt mehrerer Minister weiterführen könne.

Erst am Freitag war Landwirtschaftsminister Samuel Vlčan wegen einer Korruptionsaffäre zurückgetreten. Überraschend warf dann auch Außenminister Rastislav Káčer das Handtuch. Káčer galt als enger Vertrauter Hegers und einer der Vorreiter der militärischen Unterstützung des von Russland angegriffenen Nachbarlandes Ukraine.

Heger hatte sich erst im März von der führenden Parlamentspartei Olano losgesagt und eine eigene Partei gegründet. Bei den vorgezogenen Neuwahlen wird eine massive Stärkung des pro-russischen Lagers in der Slowakei erwartet, angeführt von der sozialdemokratischen Partei Smer (Richtung) des Ex-Premiers Róbert Fico.

Seit dem Vorjahr amtiert in der Slowakei nur noch eine Übergangsregierung, nachdem die europaskeptische liberale Partei SaS (Freiheit und Solidarität) die Mitte-Rechts-Regierung verlassen und um ihre Parlamentsmehrheit gebracht hat. Hintergrund war der Dauerkonflikt mit Olano-Chef Igor Matovič, dessen Demission als Regierungschef die SaS erzwungen hatte. Seit einem verlorenen Vertrauensvotum im Dezember war das Kabinett Heger nur noch kommissarisch im Amt.