Zuzana Caputova, Präsidentin der Slowakei, im Präsidentenpalast.
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Politik

Slowakei: Präsidentin fordert Neuwahlen Mitte 2023

Nach dem Sturz der konservativ-populistischen slowakischen Regierung von Eduard Heger im Parlament hat Staatspräsidentin Zuzana Čaputová das bisherige Kabinett offiziell abberufen und zugleich die Regierung in Demission beauftragt die Regierungsgeschäfte vorläufig weiterzuführen.

Hegers Aufgabe sei es jetzt zu sichern, dass Neuwahlen spätestens Mitte nächsten Jahres ausgetragen werden können, erklärte die Staatschefin am Freitag vor Journalisten in Bratislava.

Die derzeitige Regierung verfüge nur über eingeschränkte Kompetenzen und sei nur vorübergehend bestellt. Daher solle Heger alles Notwendige tun, um im Parlament spätestens bis Ende Jänner den notwendigen gesetzlichen Rahmen für Neuwahlen durchzusetzen. „Ich halte es für notwendig, dass Neuwahlen noch im ersten Halbjahr nächsten Jahres stattfinden,“ sagte Čaputová. Sollte dies nicht geschehen, drohte sie mit der Ernennung einer Beamtenregierung.

Bezüglich Neuwahlen wankt die Slowakei derzeit am Rande einer Verfassungskrise. Obwohl es in der Geschichte des Landes bisher schon zwei Mal zu vorgezogenen Parlamentswahlen (1994 und 2011) gekommen ist, sind diese nicht von der Verfassung geregelt. Das beklagte letztes Jahr auch das Verfassungsgericht und legte dem Parlament nahe im Grundgesetz die Möglichkeit zu verankern, dass der Nationalrat selbst seine Amtszeit verkürzen kann. Dass ist bisher nicht geschehen, es mangelte an politischem Willen. Für eine entsprechende Verfassungsänderung sind 90 der insgesamt 150 Stimmen im Parlament notwendig.

Nachdem der Nationalrat am Donnerstag der Minderheitsregierung von Heger das Vertrauen entzogen hatte, äußerte sich ein Großteil der Opposition für Neuwahlen. „Wir haben jetzt keine andere Lösung, als in schnelle vorgezogene Parlamentswahlen zu gehen,“ betonte der Ex-Premier und Chef der linksgerichteten Smer-Partei Robert Fico. Seine Meinung teilte auch die neugegründete Partei Hlas (Stimme) seines einstigen Parteifreundes Peter Pellegrini, der auch Ficos Nachfolger als Premier ist. Auch die bisher zweitstärkste Regierungspartei Wir sind Familie von Parlamentspräsident Boris Kollár stellt sich hinter Fico.

Dagegen positionierte sich die liberale Freiheit und Solidarität (SaS) von Richard Sulík, die erst im September die Koalition und Regierung wegen internen Streitereien verlassen hatte. Sie hatte das Misstrauensvotum gegen die Regierung wegen des chaotischen Regierungsstils und mangelnder Hilfe für Bürger und Firmen in der Energiekrise initiiert. „Wir sind keine Fans von Neuwahlen. Wir sind bereit eine Beamtenregierung zu unterstützen, oder eine Regierungsumbildung. Neuwahlen würden eine frühere Rückkehr von Robert Fico bedeuten. Dass ist das, was wir nicht wollen,“ erklärte Sulík. Auch ein großer Teil der führenden und bisher stimmenstärksten Regierungspartei Gewöhnliche Menschen (Oľano), der auch Premier Heger angehört, lehnt Neuwahlen ab.

Nach dem Aufruf der Präsidentin gaben Heger und Parlamentspräsident Kollár am Freitagabend gemeinsam bekannt, sie werden versuchen die entsprechende Verfassungsänderung schon nächste Woche durchzusetzen. Er sei bereits mit der Opposition im Gespräch, diese zeige sich kooperativ, meinte Kollár. Allerdings stehen noch Gespräche mit den Chefs der Koalitionsparteien bevor.

Profitieren dürfte aus vorgezogenen Wahlen tatsächlich die Opposition. Die Parteien von Pellegrini und Fico führen langfristig alle Umfragen mit weitem Vorsprung vor der Koalition an, deren Popularität nach dreieinhalb Jahren an der Macht merklich abgesackt ist. Das weckt laut Beobachtern Befürchtungen vor einer Kursänderung zu einer Russland-freundlicheren Außenpolitik des EU-Landes nach einem eventuell bevorstehendem früheren Urnengang. Der reguläre Wahltermin wäre Februar 2024.