Bundespräsident Alexander Van der Bellen  im Rahmen der Feierlichkeiten " 100 Jahre Kärntner Volksabstimmung" am im Landhaus in Klagenfurt. (10.10.2020)
APA/BUNDESHEER/PETER LECHNER
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Rádio Dia:tón

Österreich feiert, die Volksgruppen auch | ORF begleitet

Österreich feiert zurzeit gleich zwei 100 Jahres Jubiläen und zudem auch ein ganz besonderes Ereignis: Der 8. Oktober, vergangener Donnerstag, war auch ein Tag, der wohl in die Geschichte der Volksgruppen eingehen wird: Die Bundesregierung gab bekannt, dass die Volksgruppenförderung um vier Mio. Euro erhöht wird.

Mit diesem Schritt kommt die Bundesregierung einer langjährigen Kernforderung der Volksgruppenvertreter/innen nach. Jahre wurde die Förderung nicht einmal an die Inflation angepasst. Die Verdoppelung ist also ein sichtbarer Erfolg, freut sich auch der Vorsitzende des Volksgruppenbeirats für Slowaken Vladimír Mlynár.

Feier | 10 Jahre „České Ozvěny | Slovenské Ozveny | Schatzkammer der Volksgrupenhistorie"
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Vladimír Mlynar, Volksgruppenbeiratsvorsitzender für Slowaken

Mit den zusätzlichen finanziellen Mitteln, die vom Kulturbereich über die Volksgruppenmedien bis hin zur Ausbildung in den Volksgruppensprachen Verwendung finden, wird die gedeihliche Entwicklung der Volksgruppen gesichert.

„Die Volksgruppenförderung ist für das kulturelle Leben und den Erhalt der Sprachen aller anerkannten Volksgruppen wesentlich. Der jetzige Ansatz ist zukunftsweisend: neben den digitalen Medienangeboten möchten wir vor allem der Jugend und den Kulturschaffenden neue Entwicklungsperspektiven bieten“, sagt Nationalratsabgeordnete und Volksgruppensprecherin der Grünen, Olga Voglauer.

Weiters hat die Bundesregierung die Auszahlung einer sogenannten „Jubiläumsspende“ in Höhe von vier Millionen Euro angekündigt. Dies anlässlich des 100. Jahrestages der Volkabstimmung in Kärnten, bei welcher die mehrheitlich slowenischsprachige Bevölkerung Unterkärntens für den Verbleib bei Österreich gestimmt hat. Den Kärtner Slowenen werden also in diesem Jahr vier Millionen Euro mehr zugeteilt.

Marijan Velik | Leiter der slowenischen Redaktion | ORF Landesstudio Kärnten
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Marijan Velik, Leiter der slowenischen Redaktion im ORF Landesstudio Kärnten

Dazu und zu den Feierlichkeiten „Volksabstimmung in Kärnten“, sowie zur Bedeutung jener für die Volksgruppe, spricht im aktuellen slowakischen Volksgruppenmagazin Dia:tón am 12. Oktober | 21:40 Uhr | Radio Burgenland Marijan Velik, Leiter der slowenischen Redaktion im ORF Landesstudio Kärnten.

„In meiner Familie wurde eigentlich nicht viel über die Volksabstimmung gesprochen. Denn es gab hier lange nichts zu feiern. Dieser Tag war sehr negativ behaftet. Als Schüler des slowenischen Gymnasiums in Kärnten, wurde ich immer beschimpft mit Sätzen wie ‚Tschusch, geh nach Hause nach Jugoslawien‘. Vor allem um den 10. Oktober war die Stimmung in der Bevölkerung noch vergifteter. Auch in den Sportvereinen, in denen ich mich bewegte, musste ich mich mit den unterschiedlichsten Grobheiten meiner Muttersprache und kulturellen Herkunft gegenüber auseinandersetzen. Bis zum heurigen Festakt hatte die Volksgruppe nicht viel zu feiern. Aber ich denke positiv und glaube daran, dass es nun viele Schritte nach vorne geben wird“, sagt Marijan Velik.

Am 10. Oktober 2020 jährte sich die Kärntner Volksabstimmung zum 100. Mal. Damals sprach sich eine Mehrheit von rund 60 Prozent der Südkärntner für den Verbleib bei Österreich und gegen die Abtrennung an Jugoslawien aus. Gedankt wurde es ihnen nicht. Während des „Dritten Reichs“ wird das Slowenische verboten, später ist es der gesellschaftliche Druck, der die slowenische Minderheit dazu drängt, sich zu assimilieren.

So war im ORF die Live-Übertragung des Festaktes aus dem Klagenfurter Landhaus zu sehen und in der ORF TVthek ist eine Sendung „Universum History“ über die außergewöhnliche Geschichte der kärntnerisch-slowenischen Familie Ressmann aus Ledenitzen/Ledince sowie der „dokFilm: Der Graben – zwei Volksgruppen, eine Geschichte“ zu finden. Auch ein Kärntner „Road-Movie von Friedrich Orter“, ein „Österreich-Bild“ mit dem Titel „Ein Land sagt ja“ warten auf Interessierte in der TVthek.

Menschen & Mächte: Alte Heimat Kärnten – Ein Roadmovie von Friedrich Orter

„Ich bin ein Fluchtkärntner“, meint der 1949 in St. Georgen im Lavanttal, nahe der slowenischen Grenze, geborene, später prominent gewordene ORF-Journalist und Kriegsreporter Friedrich Orter. Mehr als 100 Jahre nach dem Kärntner Abwehrkampf – oder aus slowenischer Sicht dem „Boj za severno mejo“ –, dem Kampf um die Nordgrenze, begibt er sich in dieser sehr persönlichen Reportage auf eine Art Zeitreise durch sein Heimatland, besucht Orte und Gegenden, die mit historisch gewachsenen lange unbewältigten Nationalitätskonflikten verbunden sind, reflektiert über die eigene Grenzlandidentität und lässt auch andere prominente „Karawanken-Flüchtlinge“ zu Wort kommen – u.a. Peter Simonischek, Brigitte Karner, sowie die Autoren Josef Winkler und Antonio Fian.

Außerdem begleitet ein fünfteiliger Themenabend in ORF III auf dem Programm die Feierlichkeiten zum 100. Jahrestag der Volksabstimmung. Die ORF-TVthek stellte alle TV-Sendungen zum Programmschwerpunkt als Live-Stream und nach der TV-Ausstrahlung für sieben Tage als Video-on-Demand bereit. Also haben sie bestimmt noch einige Tage die Möglichkeit, in diese historischen Granden tiefer einzutauchen.

Entschuldigung an Kärntner Slowenen

Zum 100. Jahrestag der Kärntner Volksabstimmung hat in Klagenfurt ein historischer Versöhnungsakt stattgefunden, zu dem Österreich und Slowenien gemeinsam eingeladen haben. Bundespräsident Alexander Van der Bellen zog dabei einen Schlussstrich unter Jahrzehnte des Volksgruppenkonflikts und entschuldigte sich bei den Kärntner Slowenen für erlittenes Unrecht.

„Endlich hat jemand, der etwas zu sagen hat, sich für die Volksgruppe ausgesprochen. Es war auf jeden Fall historisch. Vieles Positives für die Verbesserung des Klimas in Kärnten hat auch unser Landeshauptmann Peter Kaiser beigetragen“, so Velik im Gespräch für das slowakische Volksgruppenmagazin über die Ansprache des Bundespräsidenten zum 100. Jubiläumsakt.

Im 19. Jahrhundert sprach ein Viertel bis ein Drittel der Kärntner Bevölkerung Slowenisch. Im traditionellen Siedlungsgebiet lebten mit Ausnahmen einiger kleinräumiger Sprachinseln nur Slowenen. Eine gezielte Assimilierungspolitik bewirkte einen drastischen Rückgang der slowenischsprachigen Bevölkerung, das zeigen Volkszählungen. Trotz alldem, ist die Erhöhung, die Verdoppelung des Volksgruppenbudgets wahrlich ein Lichtblick und ein Meilenstein.

Eine Anerkennung der kulturellen Werte, die die Volksgruppen in sich tragen und ein Anstoß für Vereine und Funktionäre noch aktiver zu werden. Die Motivation dazu ist jedenfalls gegeben.

Text auf Slowakisch | Rakúsko oslavuje, národnostné skupiny taktiež

Van der Bellen entschuldigt sich
Slowenische Fernsehsendung | „Dober dan, Koroška/ Dober dan, Štajerska“
Volksgruppen.orf.at/slovenci