Ludwig Trksák über ein Leben im tschechisch-slowakischen Wien | 8. Mai im Gedenken seiner Mutter Irma Trksák

„Wenn sich die Wiener Tschechen trafen, sprachen sie in tschechischer Grammatik aber nur mit deutschen Worten. Wie z.B. ‚Hausmeistrová putzovala u bazeny‘, aber das taten sie ganz bewusst. Das war eben das Wiener Tschechisch“, erinnert sich Ludwig Trksák, Sohn der tschechisch-slowakischen Widerstandskämpferin aus Wien Irma Trksák.

On demand | Rádio Dia:tón | 6.5.2019

Rádio Dia:tón | 6.5.2019 | um 21:40 Uhr | Radio Burgenland livestream

Es nähert sich noch diese Woche wieder der 8. Mai, der Tag, an dem man in einigen Teilen der Welt das Ende des nationalsozialistischen Terrorregimes feiert. Auch die Stadt Wien ehrt heuer zum 7. Mal mit dem „Fest der Freude“ am Heldenplatz den „Tag der Befreiung“ mit einem Gratiskonzert der Wiener Philharmoniker. ORF III wird ab dem Beginn, 19.30h diese Veranstaltung live übertragen, die der Bundespräsident Alexander Van der Bellen feierlich eröffnen wird. KZ-Überlebende Shaul Spielmann gibt sich an dem Abend den schrecklichen Erinnerungen aus seiner Kindheit hin und hält mit ihnen die Botschaft eines vorurteilslosen und friedlichen Zusammenlebens wach.

Fest der Freude Bühne am Heldenplatz

APA/Hans Punz

Dass wir diesen Tag heute feiern können, dazu hat auch eine Gruppe mutiger Frauen und Männer aus der damals tschechoslowakischen Volksgruppe in Österreich wesentlich beigetragen. Die tschechisch-slowakische Sektion der KPÖ. Durch ihren unermüdlichen und selbstlosen Einsatz im Widerstand gegen die menschenverachtende Politik der Nationalsozialisten, riskierten und verloren sie vielfach ihr Leben. Eine von ihnen war die Wiener Tschechoslowakin Irma Trksák.

Ihr Sohn Ludwig Trksák nahm stellvertretend für seine Mutter im Februar 2016 das Silberne Verdienstzeichen der Republik im Bundeskanzleramt entgegen. Während der Übergabe von Verdienstzeichen und Urkunde durch den Kultur-und Kanzleramtsminister Josef Ostermayer gab Ludwig Trksák seiner Wehmut kund, dass diese Ehrung erst so spät erfolge. Nur ein Jahr später verstarb Irma Trksák, die sich Zeit ihres Lebens in der Lagergemeimschaft Ravensbrück engagierte. Bis ins hohe Alter war es der Wiener Slowakin ein großes Herzensanliegen, vor allem Jugendlichen ihr erlebtes Schicksal zu erzählen und deren Perspektiven hinsichtlich Menschlichkeit, Demokratie und Freiheit zu schärfen. Im Oktober 2018 wäre Trksák 100 Jahre alt geworden.

Irma Trksak

Mandelbaum Verlag

Radio Dia:tón sprach mit Ludwig im Oktober 2018, zum Jubiläum ihres Geburtstages, über sein Aufwachsen mit einer Mutter, deren Herz für soziale Gerechtigkeit pochte.

Das tschechische Wien wurde für Irma Trksáks Sohn Ludwig zur Familie: „Meine Mutter sprach mit mir tschechisch, bis ich in die Schule kam. Dann hörte sie damit auf, weil sie Angst hatte, dass ich vielleicht mit dem Deutschen Probleme bekommen würde. Aber das ist Blödsinn, denn schon als Kind kannte ich den Unterschied zwischen den Sprachen schon besser als die Wiener Tschechen selbst! Wenn sich die Wiener Tschechen trafen, sprachen sie in tschechischer Grammatik aber nur mit deutschen Worten. Wie z.B. ‚Hausmeistrová putzovala u bazeny‘, aber das taten sie ganz bewusst. Das war eben das Wiener Tschechisch. Also so viele deutsche Wörter wie möglich zu verwenden, aber mit tschechischer Grammatik. Da schämte ich mich für diese Sprache, ich konnte es überhaupt nicht ertragen, dass sie so sprachen. Heute bereue ich es natürlich. Das war ja auch ein Teil der Wiener Geschichte, dass man hier das Wiener Tschechisch sprach. Auch in Mähren ist es heute noch so, dass man viele deutsche Wörter einbindet“, erzählt Ludwig Trksák in seiner Muttersprache tschechisch. Die Wiener Tschechoslowakin Irma Trksák stammt zwar aus einer slowakischen Familie, fühlte sich in Wien aber immer einfach den Tschechinnen zugehörig, erinnert sich ihr Sohn: „Das war wohl durch den Volleyballverein im Sokol und ihre tschechischen Freundinnen aus Ravensbrück. Mit denen verbrachten wir die meiste Zeit. Das waren meine ‚tety‘“.

Ludwig Trksák

Yvonne Strujic

Auch der Verein tschechisches Herz besuchte einmal im Jahr Irma Trksák, nach dem sie die Räumlichkeiten der „Pošta“ (Hotel Post) nicht mehr besuchen konnte, in ihrer Wohnung in Wien Brigittenau, erinnert sich ihr Sohn. Dass er, trotz slowakischer Großeltern die Muttersprache seiner Mutter, Slowakisch nicht beherrscht, tut ihm genauso leid, wie die Tatsache, dass auch seine tschechischen Sprachkenntnisse mit der Zeit schon eingerostet sind.

„Für meine Mutter waren zeit ihres Lebens nur zwei Dinge wichtig: Dazu beizutragen, dass sich die Grausamkeiten, die sie selbst während des Zweiten Weltkriegs erlebt hat, nie wieder wiederholen und ich“, schmunzelt Sohn Ludwig in der aktuellen Volksgruppensendung Rádio Dia:tón.

Česko-slovenská Viedeň s Ludwigom Trksákom | 8. Máj ako spomienka na česko-slovenský odboj